Panik auf Hawaii: "Keine Ausrede" für falsche Raketenwarnung

"Es gibt keine Bedrohung", auf Hawaii kam nach 38 Minuten die Entwarnung.
"Es gibt keine Bedrohung", auf Hawaii kam nach 38 Minuten die Entwarnung.REUTERS
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Die Notfallbehörde EMA erklärt, wie leicht es zu der falschen Warnung per SMS an alle Hawaiianer kommen konnte. Der 38-minütige Schock steckt den Hawaiianern noch in den Knochen.

Es waren 38 Minuten Panik und Unsicherheit, die Hawaii am Samstag erfasste. Die Raketenwarnung per SMS, ausdrücklich als Ernstfall gekennzeichnet, werden die Bewohner der Pazifikinseln nicht so schnell vergessen. Denn die 1,4 Millionen Einwohner wussten, nun bleiben ihnen noch zwölf bis 15 Minuten bis zum eventuellen Einschlag - so wurde es ihnen von der Notfallbehörde EMA (Emergency Management Agency) immer wieder erklärt. Wenig Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen. Auch die wohl Hunderttausenden Urlauber bekamen die Warnung auf ihre Handys, wenn sie im hawaiianischen Netz eingeloggt waren. Sie rannten in ihre Hotels, Studenten versuchten sich auf dem Campus in Sicherheit zu bringen. Viele Menschen verbarrikadierten sich im Badezimmer oder suchten im Keller Schutz.

Erst 38 Minuten später kam die eher kurz gehaltene Entwarnung: "Keine Raketenbedrohung für Hawaii". Doch kein Ernstfall. Für die hawaiianischen Behörden ist der Fehler blamabel, die Abläufe und Sicherheitsvorkehrungen sollen nun überarbeitet werden. Denn der Fehlalarm wurde von einem Mitarbeiter ausgelöst - mit wenigen Clicks. EMA-Sprecher Rapoza sagte, man habe den Bediensteten vorerst versetzt. Bis zum Wochenende will man die interne Untersuchung abgeschlossen haben. Erste Maßnahme: Es werden bis auf Weiteres keine Test-Nachrichten über das System verschickt.

Denn so kam es überhaupt zu dem Fehler. Inmitten einer Übung und bei einem Schichtwechsel wählte ein Mitarbeiter in einem "Drop-down"-Menü im Computersystem die falsche Auswahlmöglichkeit: Echte Raketenwarnung statt internem Raketenwarnungs-Test. Das System fragte, ob es die Warnung abschicken soll. Im Glauben, den richtigen Menüpunkt ausgewählt zu haben, klickte der Mitarbeiter auf "Ja". Die Nachricht ging sofort an alle Handys und wurde in Fernsehen und Radio kurz nach 8 Uhr Früh verbreitet. Schon am Samstag hatte Gouverneur David Ige erklärt, dass ein Mitarbeiter "den falschen Knopf" gedrückt hätte. Erst als der EMA-Angestellte selbst die Warnung auf sein Handy bekam, sei dem ihm der Fehler aufgefallen.

Warnung und Entwarnung - dazwischen 38 Minuten Unsicherheit.
Warnung und Entwarnung - dazwischen 38 Minuten Unsicherheit.REUTERS

Die Angst vor Nordkorea

Hawaii liegt nach Einschätzung von Experten in Reichweite von Raketen aus Nordkorea. Das Land hat trotz UN-Verboten zahlreiche Raketen und Atombomben getestet. Ende November feuerte Nordkorea erneut eine Interkontinentalrakete zu Testzwecken ab. Die Führung erklärte kurze Zeit später, das Land könne jetzt das gesamte US-Festland mit Atomsprengköpfen angreifen. Nach Schätzungen des US-Physikers David Wright könnte eine nordkoreanische Rakete etwa 37 Minuten nach Abschuss in Hawaii einschlagen.

US-Präsident Donald Trump und die international isolierte Führung in Pjöngjang unter Staatschef Kim Jong Un lieferten sich 2017 einen rhetorischen Schlagabtausch, der international die schlimmsten Befürchtungen auslöste. Trump hat mehrfach mit Gewalt gedroht, sollte Nordkorea die Drohungen gegenüber den USA fortsetzen. Die Führung in Pjöngjang gab an, sie lasse Atomwaffen nur zur Verteidigung entwickeln.

Bundesbehörden prüfen

Trump lobte die Behörden bei einem Florida-Besuch am Sonntag für ihre Ehrlichkeit, den Fehler zuzugeben. Die Bundesbehörden würden sich aber einschalten, damit ist wohl auch die Rundfunkbehörde FCC gemeint.

Auch die übergeordnete Bundes-Katastrophenschutzbehörde FEMA leitete eine Untersuchung ein. Die Kongressabgeordnete Tulsi Gabbard aus Hawaii sagte, viele Menschen hätten Todesangst gehabt. "Die Leute bekamen die Nachricht und dachten: 15 Minuten. Wir haben 15 Minuten, dann können wir und unsere Familien tot sein."

Um zukünftig Fehler zu vermeiden, will die EMA das System neu aufsetzen - getrennte Bereiche für Übungen und Ernstfälle. Auch soll es einen einfachen Weg zu einer sofortigen Falsch-Alarm-Meldung geben, um im Falle eines Fehlers diesen rasch klarstellen zu können. "Das ist uns gestern abgegangen", sagte Rapoza der Nachrichtenagentur Reuters. "Unser Fokus lag darauf, die Nachricht so rasch wie möglich hinaus zu bekommen und nicht genau darauf, was passiert, wenn da ein Fehler passiert. Und offen gesagt, das war ein Planungsfehler unsererseits. Wir haben keine Ausrede dafür".

"Jemand muss gefeuert werden"

Ob sich die Bevölkerung von Hawaii mit den angekündigten Maßnahmen zufrieden geben wird, bleibt offen. Lee Cataluna, ein Kolumnist der größten Zeitung des US-Staates, dem "Honolulu Star-Advertiser", schrieb in einem Kommentar am Sonntag: "Es ist Zeit für einen Aufstand. Jemand muss gefeuert werden."

Auch die Top-Golfprofis der Welt, die sich auf Hawaii zu einem PGA-Turnier befanden, wurden von dem falschen Alarm verschreckt. US-Profi J.J. Spaun verschanzte sich im Keller seiner Hotels, wie er auf Twitter schrieb. Und sein Landsmann John Peterson twitterte: "Mit meiner Frau, Baby und Schwiegereltern unter Matratzen in der Hotelbadewanne. Lieber Gott, bitte lass den Raketenalarm nicht echt sein". Nach der Entwarnung ergänzte Peterson seinen Tweet: "Oh Mann, wie kann man nur so auf den falschen Knopf drücken".

(Reuters/APA/dpa)

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