Die Automatisierung wird Männer mit mittlerem Bildungsniveau treffen, sagt der bekannte Ökonom Carl Benedikt Frey. Das berge gesellschaftliche Gefahren. Frey wurde 2013 mit einer viel diskutierten Studie berühmt.
Es sind die Durchschnittsmänner - Männer in den entwickelten Industrienationen wie den USA mit mittlerem Bildungsniveau - denen der Oxfordwissenschaftler Carl Benedikt Frey eine ungewisse Zukunft vorhersagt.
Auf der Münchner Digitalkonferenz DLD referierte der Ökonom am Wochenende zu dem Thema, für das er seit einer Studie aus dem Jahr 2013 weltweit berühmt ist: Die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf unser Leben und Arbeiten. Damals schätzten er gemeinsam mit seinem Kollegen Michael A. Osborne auf viel diskutierten und rezipierten 70 Seiten, dass in den kommenden zwanzig Jahren 47 Prozent aller Berufe in den USA komplett von Robotern übernommen sein werden.
Auf der diesjährigen DLD konkretisierte er: Es seien die Männer mit mittlerem Ausbildungsniveau, die Angst haben müssen, eines Tages vom Kollegen Roboter ersetzt zu werden. "Vielleicht werden sie nicht arbeitslos, aber viele von ihnen müssen schlechtere Stellen annehmen", zitierte die "FAZ" den Wissenschaftler.
Viele neu geschaffene Stellen erforderten in Zukunft ein höheres Bildungsniveau. Die Zahl der Arbeitsplätze für Hochqualifizierte und für Leute mit geringer Qualifikation werden wachsen, so Frey. Das lasse denen in der Mitte oft nur die Möglichkeit, auf eine schlechter bezahlte Stelle zu wechseln. Betroffen seien zumeist "Männer mit mittlerer Bildung", die tendenziell öfter körperliche Arbeit verrrichten.
Arbeitslos, kinderlos, wütend
Ihr finanzieller Abstieg werde Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft haben, analysierte Frey. Diese Männer verbrächten in weiterer Folge mehr Zeit vor dem Fernseher, fänden schwerer eine Ehefrau, blieben öfter kinderlos. Gewalt und Unzufriedenheit mit dem politischen System wachsen. Als jüngstes Beispiel nannte Frey Regionen in den USA, in denen die Angst um den Arbeitsplatz oder der Verlust desselben und die Stimme für Donald Trump bei der vergangenen Präsidentschaftswahl einhergegangen seien. "Wenn die Menschen nicht vom technischen Fortschritt profitieren, warum sollten sie ihn dann unterstützen?", zitierte die "FAZ" Freys abschließende warnende Worte.
Die Frey/Osborne-Studie zog eine Reihe weiterer Forschungsbeiträge nach sich - auch in Österreich. 2016 präsentierte A. T. Kearney eine Studie, wonach durch die Digitalisierung in Österreich bis 2040 rund 44 Prozent aller Arbeitsplätze bedroht sind - die Experten des Beratungsunternehmens hatten dazu die Ergebnisse der beiden Oxford-Ökonomen adaptiert.
Vergangenen April dann legte das österreichische Institut für Höhere Studien (IHS) auch eine Untersuchung zu diesem Thema vor. Die IHS-Wissenschaftler kamen darin jedoch zu einem völlig anderen Ergebnis. Laut ihnen sollen in Österreich durch die Digitalisierung nur neun Prozent der Jobs wegfallen. Das sind rund 360.000 Arbeitskräfte. Die Studie wurde für das Sozialministerium erstellt. IHS-Chef Martin Kocher übte bei dem Anlass Kritik an dem Beitrag von Frey/Osborne: Berechnungen, wonach 40 bis 50 Prozent der Jobs wegfallen sollen, seien maßlos übertrieben.
(red.)