Asyl auf (etwas mehr) Zeit

Herbert Kickl.
Herbert Kickl. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Laut Gesetz soll der Asylgrund eigentlich nach drei Jahren überprüft werden – in der Praxis dauert es allerdings länger. Die Gründe dafür wurden nie offensiv kommuniziert.

Wien. Es war nur ein Nebensatz, gefallen bei einer Pressekonferenz in Klagenfurt: „Nach einer bestimmten Zeit soll überprüft werden, ob die Schutzgründe weiterhin aufrecht sind oder weggefallen sind“, sagte Herbert Kickl (FPÖ). Wenige Minuten später präzisierte der Innenminister: Das könnte beispielsweise nach einem oder zwei Jahren der Fall sein.

Das ist bemerkenswert, denn eigentlich hatten SPÖ und ÖVP erst 2016 im Parlament einen fixen Zeitraum festgelegt, in dem der Asylstatus von anerkannten Flüchtlingen überprüft werden soll – und zwar drei Jahre. Der Kern dieser Novelle, die unter dem Schlagwort „Asyl auf Zeit“ lief: Bekommt ein Flüchtling einen positiven Bescheid, erhält er eine befristete Aufenthaltsgenehmigung in Österreich. Nach – eben – drei Jahren wird überprüft, ob die Fluchtgründe noch immer vorliegen. Ist dies der Fall, wird unbefristet Asyl gewährt. Hat sich die Lage allerdings verändert, wird dem Betroffenen eine „formlose Mitteilung“ über die Einleitung des Aberkennungsverfahrens geschickt.

Nicht nur SPÖ-intern, sondern auch in der Opposition sorgte die Novelle für Kritik: Für die Behörden sei es ein massiver zusätzlicher Aufwand, Asylfälle erneut individuell zu überprüfen. Denn zum Teil könne man das pauschal erledigen, indem die Lage im Herkunftsland überprüft wird. Für jeden Fluchtgrund ist das aber nicht anwendbar.

Juni 2016 als Frist für Überprüfung

Wie dies in der Praxis funktionieren soll, ist allerdings noch unklar. Denn eigentlich sollte für jene Menschen, die nach dem 15. November 2015 einen Antrag gestellt haben, Ende des Jahres die Aufenthaltsgenehmigung ablaufen. Laut Innenministerium hat die Regelung allerdings erst ab dem nächsten Jahr direkte Auswirkungen. Denn es gibt noch eine zweite Frist, die zumindest nie offensiv kommuniziert wurde: „Asyl auf Zeit“ gilt auch nur für jene Betroffenen, die ab dem 1. Juni 2016 Schutz erhalten haben. An diesem Tag ist das Gesetz in Kraft getreten. Dementsprechend wird erst im Sommer 2019 endgültig darüber entschieden.

Soll dies laut Kickl nachher öfter passieren? Nicht wirklich. Wie sein Büro erklärt: Einmal im Jahr muss das Asylamt ohnehin für bestimmte Staaten evaluieren, ob sich die Sicherheitslage verbessert hat und dadurch Fluchtgründe entfallen. In Zukunft könnte es eine „intensivierte Überprüfung“ geben. Übrigens war es schon vor der Gesetzesänderung so, dass man Asyl aberkennen konnte, wenn der Asylgrund entfällt. In der Praxis wurde dies aber nur in Ausnahmefällen angewandt.

Sichere Herkunftsländer: neue Liste

Kommenden Mittwoch soll im Ministerrat eine weitere Neuerung präsentiert werden, die sofort greifen soll: Kickl will die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer aktualisieren. Asylanträge von Bürgern aus diesen Staaten werden im Schnellverfahren behandelt. Sie haben vergleichsweise geringe Chancen auf Schutz in Österreich. Sie kommen eben aus Staaten, bei denen man davon ausgeht, dass seinen Bürgern keine schwere Verfolgung droht. Abschiebungen in das Land sind ebenfalls leichter möglich.

Welche Staaten Kickl zusätzlich in die Liste aufnehmen möchte, ist noch unklar. Diese Woche nannte er nur ein Land – die Ukraine (außer der selbst ernannten pro-russischen Volksrepubliken). Das Motiv dahinter? Kritiker denken hier spontan an die engen Verbindungen zwischen der FPÖ und Russland. Die FPÖ argumentiert anders: Das Land sei stabil. Und bisher wurde ohnehin in nur vier Prozent der Fälle Schutz gewährt.

GLOSSAR

Asyl auf Zeit. Eine Novelle, die von der rot-schwarzen Bundesregierung beschlossen wurde. Der Asylstatus von Flüchtlingen wird nach drei Jahren überprüft.
Sicheres Herkunftsland. Ein Land, bei dem man davon ausgeht, dass seinen Bürgern dort keine schwere Verfolgung droht. Asylanträge von Bürgern dieser Staaten werden im Schnellverfahren entschieden und haben eher geringe Erfolgschancen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2018)

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