Laut Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist der Kauf der CD mit Daten von 1500 deutschen Steuersündern beschlossene Sache. Die rechtlichen Bedenken von Parteikollegen teilt er nicht.
Berlin. „Im Prinzip ist die Entscheidung gefallen.“ Trotz heftiger parteiinterner Kritik und Protesten aus der Schweiz ist Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum raschen Kauf der CD mit den Daten von 1500 deutschen Steuersündern entschlossen. In einem Interview verwies er auf die Affäre um Liechtensteiner Stiftungskonten vor zwei Jahren.
Bisher habe kein Gericht im Zusammenhang mit den Liechtensteiner Konten ein Beweismittelverwertungsverbot ausgesprochen. Damit stehe dem Ankauf aus Sicht des Bundesfinanzministeriums rechtlich nichts entgegen, wie eine genaue Prüfung in den vergangenen Tagen ergeben habe. Da der Fall ähnlich gelagert sei wie die Liechtenstein-Affäre, „konnten wir gar nicht anders entscheiden“, meint der Finanzminister. Er will die Linie der Vorgängerregierung explizit fortsetzen.
Beweisverwertung zulässig
Damals kaufte der Bundesnachrichtendienst gestohlene Daten von Kunden der Liechtensteiner LGT-Bank. Im ersten Strafverfahren entschied ein Bochumer Gericht, dass die Daten verwertbar seien. Die ursprüngliche Straftat des „Datenklaus“ habe eine Privatperson begangen, der Staat nutze das Material nur „nachgelagert“. Dafür sieht das Gesetz kein explizites Beweisverwertungsverbot vor.
In der letzten Liechtenstein-Debatte wurde die Verwendung gestohlener Daten von den Befürwortern auch damit gerechtfertigt, dass Daten keine „Sachen“ seien, sondern eine Art Geheimnis. Hehlerei gibt es laut Gesetz aber nur für Sachen, nicht für immaterielle Werte. Die Gegner dieser Auffassung weisen das als Spitzfindigkeit zurück – der Staat müsse mit gutem Beispiel vorangehen und dürfe nicht Unrecht mit Unrecht korrigieren.
Kritik aus den eigenen Reihen
Während die Mehrheit der Deutschen (57Prozent) sich in einer Umfrage des „sterns“ für einen Kauf der Steuer-CD ausspricht, stehen Finanzminister Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel, die für ihre Verhältnisse ungewöhnlich schnell entschied, aus den eigenen Reihen unter Beschuss. So warnt etwa der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder, aus rechtlichen Bedenken vor dem Ankauf: Der Staat würde sich auf juristisch vermintes Gelände begeben und den Datendieben ermutigende Signale senden. Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, sagte, der Staat dürfe die Daten nicht kaufen, „er darf unter keinen Umständen zum Hehler werden“.
Formal ist die deutsche Bundesregierung in der Frage übrigens gar nicht zuständig. Steuerangelegenheiten sind in Deutschland Ländersache. Zuständig ist offiziell das Land Nordrhein-Westfalen, dem die CD angeboten worden ist. Dort läuft derzeit die Prüfung der Daten auf Hochtouren. Danach wird sich Landesfinanzminister Helmut Linssen mit Finanzminister Schäuble beraten. Durch Steuerhinterziehung und nicht gezahlte Sozialabgaben entsteht dem deutschen Staat jährlich ein Schaden von schätzungsweise 200 Milliarden Euro.
AUF EINEN BLICK
■„Möglichst rasch“ will Deutschland dem anonymen Informanten die CD mit Datensätzen von 1500 deutschen Kontoinhabern in der Schweiz abkaufen. Die Behörden erwarten sich rund 100 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen. Finanzminister Wolfgang Schäuble weist den Vorwurf der Hehlerei zurück.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2010)