Bei den heimischen börsenotierten Immobilienunternehmen werden die Karten derzeit neu gemischt. Abseits von Spekulationen lohnt sich aber vor allem ein Blick auf die Fundamentalwerte.
Mit den Aktien ausgewählter heimischer Immobiliengesellschaften haben Anleger in der Vergangenheit schöne Kursgewinne eingefahren. Die jüngste Korrektur, bei der der Immobiliensektor im Vergleich zum Gesamtmarkt besonders durchgebeutelt wurde, hat jedoch für Unsicherheit gesorgt. Ursache für die Einbrüche ist nach Meinung der Experten die Angst vor steigenden Zinsen, die Alternativveranlagungen abseits der Börse wieder attraktiver machen könnten. Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3-Banken-Generali-Invest, beruhigt: „Zumindest im Euroraum sind Zinserhöhungen derzeit kein Thema.“
Gerüchteküche brodelt
Die Aufmerksamkeit der Anleger wird sich daher wohl wieder auf die Entwicklungen bei den börsenotierten Unternehmen selbst richten, zumal sich dort eine regelrechte Fusions- und Übernahmewelle abzeichnet. Erst im Dezember hat etwa der deutsche Wohnspezialist Vonovia, der bereits im Frühjahr die Conwert übernommen hat, ein freiwilliges Angebot für den heimischen Wohnkonzern Buwog auf den Tisch gelegt. Den Anlegern werden 29,05 Euro pro Aktie in Aussicht gestellt. Gleichzeitig steht eine Fusion zwischen CA Immo und Immofinanz im Raum. Damit nicht genug: Die S-Immo hält an den größeren Mitkonkurrenten jeweils rund fünf Prozent. Um den Jahreswechsel wurde bekannt, dass sich Investor Ronny Pecik rund 22 Prozent an der S-Immo gesichert und mit der Signa Holding von René Benko einen Deal abgeschlossen hat, der Letzteren berechtigt, Peciks Anteil bis Ende 2019 zu übernehmen. „Nachdem die Signa als Investor aufgetaucht ist, werden nun alle Karten neu gemischt“, meint Rupp. Das lasse mittelfristig viel Raum für Spekulationen. Eine davon lautet, dass Benko die S-Immo als Vehikel benutzen könnte, um die Signa an die Börse zu bringen. Auch eine „große österreichische Lösung“ – sprich der Zusammenschluss aller Beteiligten – steht im Raum.
Erste-Group-Analyst Christoph Schultes hat mit der CA Immo ein anderes börsenotiertes heimisches Unternehmen im Blick. Er verweist auf das attraktive Portfolio des Unternehmens, das sich aus Immobilien im Wert von mehr als vier Milliarden Euro in Deutschland, Österreich und Osteuropa zusammensetzt. Dessen Büroanteil liegt bei 88 Prozent. Auch die mehr als zwei Milliarden Euro schwere Entwicklungspipeline – mit Highlights wie dem Tower „One“ in Frankfurt oder die Orhideea Towers in Bukarest – sprechen laut Schultes für das Unternehmen. Ähnlich äußert sich Rupp: „Die Entwicklungspipeline sollte substanziell Wert schaffen und zudem das Mietwachstum für die nächsten Jahre sicherstellen.“ Ebenfalls rund vier Milliarden Euro schwer ist das Immobilienportfolio der Immofinanz, deren größtes Portfolio sich zu 63 Prozent aus Büros und zu 33 Prozent aus Einzelhandelsimmobilien zusammensetzt. „Von der Projektpipeline ist die Immofinanz allerdings nicht so stark aufgestellt wie die CA Immo“, meint Schultes. Interessante Projekte würden derzeit dennoch umgesetzt – in Deutschland unter anderem die Firmenzentralen von Trivago und Uniper in Düsseldorf. Die Aktie notiert von allen heimischen Immobilienwerten am deutlichsten unter dem NAV, was laut Schultes daran liegt, dass beim Cashflow Verbesserungsbedarf gegeben ist.
Doch um einiges kleiner als die beiden Mitbewerber ist die S-Immo mit einem Immobilienvermögen von knapp 1,8 Milliarden Euro. Stefan Scharff, Analyst bei SRC Research, spricht von „einem gut diversifizierten Portfolio aus Büro-, Geschäfts- und Wohnimmobilien in sieben europäischen Ländern“ und verweist zudem auf die attraktive Entwicklungspipeline mit einem Volumen von mehr als 600 Millionen Euro, die zu knapp drei Vierteln in Deutschland und Österreich liegt.
Klein, aber fein
Neben der S-Immo hat Scharff aktuell auch eine Kaufempfehlung für Warimpex parat – mit einem Portfoliowert von 170 Millionen Euro das mit Abstand kleinste im Immobilien-ATX gelistete Unternehmen. Die Einkommenslücke, die nach dem Verkauf eines großen Hotelpakets entstanden ist, beunruhigt ihn nicht. Er verweist auf drei aktuelle polnische Entwicklungen, die das Büroportfolio bis 2019 mehr als verdoppeln und die Umsätze deutlich steigern werden. „Mit einer Eigenkapitalquote von 34 Prozent und einer deutlichen Reduzierung der Verbindlichkeiten sollte die Firma in der Lage sein, auch weitere Entwicklungen in die Pipeline aufzunehmen“, so Scharff.
AUF EINEN BLICK
Die Buwog könnte bald vom Kurszettel der Wiener Börse verschwinden: Der deutsche Wohnspezialist Vonovia will den österreichischen Konzern übernehmen und hat dafür ein Übernahmeangebot von 29,05 Euro/Aktie gelegt. Vorstand und Aufsichtsrat empfehlen, das Angebot anzunehmen. Nach wie vor im Raum steht die Fusion von CA Immo und der Immofinanz, spekuliert wird über einen indirekten Börsengang der Signa. Kaufempfehlungen gibt es für kleinere Werte wie die S-Immo und Warimpex.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2018)