Schwache Transfers, schlechtes Spiel: Austria zieht sehr spät die Reißleine

Thorsten Fink ist nicht mehr Austria-Trainer.
Thorsten Fink ist nicht mehr Austria-Trainer.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Thorsten Fink, 50, ist nicht mehr Austria-Trainer, der Deutsche wurde nach dem 1:2 gegen Admira beurlaubt. Nachfolgerrätsel: Ogris, dann Koller oder Gregoritsch?

Wien. Es hatte sich angekündigt. Schon vor dem Anstoß in der Südstadt und der 1:2-Niederlage war Austrias AG-Vorstand Markus Kraetschmer auf Distanz zu Trainer Thorsten Fink gegangen. Er gab keine Garantien mehr ab, lehnte weitere Durchhalteparolen ab. Auch Fink wollte sich an manch „Taktikgespräche“ mit Kraetschmer nicht mehr erinnern. Sein Schweigen sprach Bände.

Dass Trennungen bzw. deren Ablauf nicht immer nachvollziehbar sind oder im Rückblick gar skurril anmuten, belegt folgendes Detail: Fink leitete Sonntagvormittag, 9 Uhr, noch das Training in Steinbrunn. Zwei Stunden später erfuhr er, dass Ko-Trainer Sebastian Hahn und er aller Aufgaben entbunden worden sind.

Vorerst übernimmt der bisherige Assistent Egbert Zimmermann das Training. Auch Tormanntrainer Franz Gruber bleibt. Kraetschmer und Sportdirektor Franz Wohlfahrt suchen noch nach einem Nachfolger, wie der kriselnde Tabellensiebente bekannt gab. Er soll aber bereits beim nächsten Ligaspiel gegen WAC auf der Bank sitzen.

Munteres Spiel mit Namen

An die Illusion, es mit dieser Mannschaft auf den Europacupplatz zu schaffen, klammern sich Austrias Funktionäre wie an einen Strohhalm. Die Horrorvision, in der ersten Saison der runderneuerten Generali-Arena nicht international zu spielen, dämpft jedoch die Euphorie. Von Rang vier, der definitiv zur Teilnahme berechtigt, ist Austria zwölf Runden vor Schluss zwölf Punkte entfernt. Kraetschmer: „Wir haben noch zwölf Runden und glauben an unsere Chance, deswegen haben wir diese Maßnahme gesetzt.“

Ersten Gerüchten zufolge soll „viel telefoniert“ (mit Marcel Koller, Andreas Ogris, Rashid Rachimow?) worden sein, könnte Wohlfahrt auch bereits am Samstag mit dem neuen Austria-Trainer in persona gesprochen haben: Ernst Baumeister. Es wäre allerdings eine höchst emotionale Rückkehr: Der ehemalige Abwehrgigant der Violetten war 2001 Ko-Trainer von Arie Haan in Favoriten und wurde nach einem Derbysieg von Frank Stronach entlassen. Es ist unklar, ob der 61-Jährige diesen Abstieg auch in Kauf nehmen würde. Admira ist immerhin Tabellendritter. Ein Tipp ist U21-Teamchef Werner Gregoritsch, den Wohlfahrt schon vor Fink engagieren wollte, aber beim Vorstand nicht durchbrachte.

Fehleinschätzung

Austria braucht schnell eine Lösung bis Saisonende. Einen „Insider“, der „alles unternimmt, um das Minimalziel zu schaffen“, gibt Kraetschmer seine Auswahlkriterien vor. Ogris scheint die naheliegendste Übergangslösung – alles weitere dürfte ab Juni eine Frage des Geldes werden. Nur: Fink soll der teuerste Trainer der Post-Stronach-Ära gewesen sein. Sein Vertrag läuft bis 2019.

Ein mickriger Punkt in vier Spielen, diese Ausbeute hätte wohl jeden anderen Fußballtrainer auch den Job gekostet. Sogar Austrias Anhänger haben mit einem Transparent in der Südstadt deutlich gemacht, dass Fink jeden Kredit verspielt hat: „Thorsten, dieser Spielstil ist zum Kotzen.“

Der Deutsche hatte 2015 sein Amt (als Notlösung nach zig Absagen) angetreten, mit Austria dann Endrang drei erreicht. Ein Jahr später wurden die Veilchen Vizemeister. Zudem gelang unter ihm zweimal das Spiel in der Europa-League-Gruppenphase. Vor Saisonbeginn hatte der 50-Jährige jedoch seinen größten Fehler begangen nach schwachen Transfers (etwa Heiko Westermann). Fink sprach da, in völliger Selbstüberschätzung, vom Titel.

Damit wuchsen die Erwartungen in den Himmel. Und im Herbst, just mit Beginn der Spekulationen um seine Berufung zum ÖFB-Teamchef, begann die Talfahrt. Es wäre kurios, wenn ihm jetzt Koller, den er beim ÖFB hätte beerben sollen, bei Austria nachfolgt.

Finks Aus ist der vierte Trainerwechsel in dieser Saison. Zuvor wurde Damir Burić durch Baumeister (Admira) und in St. Pölten Jochen Fallmann durch Oliver Lederer ersetzt. Bei Sturm trat Heiko Vogel die Nachfolge von Franco Foda an. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2018)

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