Russischer Ex-Spion in britischer Pizzeria vergiftet

Archivbild Skripal
Archivbild SkripalREUTERS
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Der einstige Doppelagent ringt mit dem Tod. Der Fall weckt Erinnerungen an den Tod des russischen Regierungskritikers Alexander Litwinenko.

Die mysteriöse Vergiftung eines einstigen Doppelagenten sorgt in britischen Geheimdienstkreisen für Aufsehen und weckt böse Erinnerungen. In der südenglischen Stadt Salisbury wurden am Wochenende zwei Menschen mit Verdacht auf Vergiftung durch eine "unbekannte Substanz" in ein Krankenhaus gebracht und ringen
seitdem auf der Intensivstation mit dem Tod. Das teilte die Polizei
am Montag mit.

Bei dem Mann soll es sich der BBC zufolge um einen ehemaligen
Spion aus Russland handeln, der im Auftrag der Briten gearbeitet hat
und im Rahmen eines Gefangenenaustauschs 2010 nach Großbritannien
kam. Der Fall erinnerte an die Ermordung des Kremlgegners Alexander
Litwinenko, der 2006 mit radioaktiv verseuchtem Tee vergiftet worden
war.

Der mutmaßliche Tatort
Der mutmaßliche TatortREUTERS

Nach Polizeiangaben ist der Mann etwa 60 Jahre alt. Bei der zweiten Person handle es sich um seine etwa 30 Jahre alte Begleiterin. Die beiden befinden sich der Mitteilung zufolge in einem kritischem Zustand. Sie wurden bereits am Sonntag bewusstlos in der Nähe eines Einkaufszentrums von Passanten entdeckt.

Nach Informationen des BRBC und der Agentur PA handelt es sich bei dem Mann um den früheren russischen Geheimdienstoffizier Sergej Skripal, der als Offizier des Militärgeheimdienstes GRU für den britischen Geheimdienst spioniert hatte und nach seiner Enttarnung in Moskau wegen Hochverrats zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Im Rahmen eines Austauschs inhaftierter Spione zwischen Moskau und Washington kam er 2010 nach Großbritannien.

Polizei schließt Pizzeria

In der Nacht auf Dienstag schloss die Polizei im Rahmen der Ermittlungen eine Pizzeria in Salisbury "als Vorsichtsmaßnahme". Die Behörden schlossen zwar anhand der vorliegenden Informationen eine Gesundheitsgefährdung aus. Dennoch wurde die Öffentlichkeit gebeten,
Verdachtsfälle bei plötzlicher Erkrankung umgehend zu melden.

Die Polizei sprach von einem "schweren Vorfall", eine ganze Reihe von Behörden sei eingeschaltet worden. Noch sei nicht klar, ob eine Straftat vorliege. Auf Fernsehbildern waren Einsatzkräfte in Schutzanzügen zu sehen, die den Fundort der Verletzten reinigten. "Wir wollen den Menschen versichern, dass wir Vorfälle dieser Art extrem ernst nehmen", hieß es in der Mitteilung der Polizei.

Im Jahr 2006 hatte die Ermordung des Regierungskritikers Litwinenko in Großbritannien für Aufsehen gesorgt. Unbekannte hatten ihn in London mit radioaktiv verseuchtem Tee vergiftet. Das darin enthaltene hochgiftige Polonium 210 tötet ihn nach drei Wochen. Nach britischen Ermittlungen stecken frühere russische Geheimdienstler hinter dem Mord an dem abtrünnigen Exilanten.

Moskau: "Tragische Situation"

Russland hat Großbritannien angeboten, in dem Fall zusammenzuarbeiten. Bisher sei jedoch keine solche Anfrage aus Großbritannien eingegangen, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Dienstag.

Peskow bezeichnete den Vorgang als "tragische Situation". Über die Hintergründe habe er keine Informationen, auch nicht darüber, ob Skripal noch russischer Staatsbürger sei.

(APA/dpa)

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Der Mann und seine Begleiterin waren am Wochenende bewusstlos aufgefunden worden. Der frühere Spion war im Rahmen eines Gefangenenaustausches nach Großbritannien gekommen.

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