Zypern: Nur 1,5 Monate für Wiedervereinigung

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Die Zypern-Verhandlungen stehen vor dem Aus. Im Norden droht die politische Wende.

WIEN/NIKOSIA. Sie kennen sich von früher. Sie sind ideologisch auf einer Linie. Der zypriotische Staatspräsident Demetris Christofias und der Führer der international nicht anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“, Mehmet Ali Talat, hatten eine historische Chance, die geteilte Insel wieder zu vereinen. Aber nach 17 Monaten Verhandlungen sind sie in den heikelsten Fragen noch immer nicht weitergekommen. Und im April schließt sich ihr Zeitfenster. Schaffen sie bis dahin keinen Durchbruch, könnte ihr eigenes politisches Schicksal ebenso besiegelt sein wie das ihrer Insel.

Schon bröckelt ihre Anhängerschaft auseinander. Die Ankündigungen der beiden linken Politiker, Zypern endlich wiederzuvereinen, waren vielleicht doch zu großspurig. Allen Umfragen zufolge wird Talat am 18. April seinem Herausforderer, dem türkischen Hardliner Dervis Eroglu, bei den „Präsidentenwahlen“ unterliegen. Eroglu strebt einen eigenen türkischen Staat Nordzypern an. Im griechischen Süden haben sich indessen die Sozialisten aus der Regierung verabschiedet. Grund: die allzu weitgehenden Zugeständnisse von Christofias an seinen türkischen Verhandlungspartner Talat.

Aus den Fesseln Ankaras

„Ohne Zugeständnisse geht es aber nicht“, so diplomatische Vertreter des griechischen Teils. Die einzige Chance sei, dass sich Talat aus den Fesseln der türkischen Führung in Ankara befreie und selbst einer Lösung zustimme. Und die sei gar nicht so weit entfernt. In vielen Fragen gebe es bereits Einigkeit.

So hätten sie etwa die politischen Institutionen des künftigen föderativen Zypern bereits weitgehend fixiert. Sie sollen aus einem türkischen und einem griechischen Parlament und aus einer gemeinsamen Versammlung bestehen. Außerdem wurde vorgeschlagen, dass der künftige Präsident und sein Stellvertreter aus je einem Landesteil kommen sollen. Für vier Jahre würde das griechische und für weitere zwei Jahre das türkische Staatsoberhaupt regieren.

Offen ist noch die Stationierung türkischer Truppen. Die griechische Bevölkerung sieht sich von der Anwesenheit der 40.000 Soldaten bedroht. Die Türken möchten aber auf ihre Schutzmacht nicht völlig verzichten. Offen ist auch, was mit dem Eigentum griechischer Zyprioten im Norden geschehen soll. Christofias will, dass es in erster Linie zu einer Rückgabe, und nur wenn dies nicht möglich ist, zum Tausch oder zur Bezahlung einer Entschädigung kommt.

Die türkische Seite verlangt eine umgekehrte Reihung. Mit dieser Frage verknüpft ist auch die Siedlerproblematik. Die griechische Seite fordert, dass nur ein Teil der etwa 150.000 seit 1974 eingewanderten türkischen Siedler im Land verbleibt. Die türkische Seite bangt um ihren Einfluss und möchte so viele zugewanderte Türken wie möglich auf Zypern behalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2010)

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