Suhrkamp steht als "linksliberaler Spießerverein" da

Durs Grünbein ordnet seinen Kollegen als Pegida-nah ein.
Durs Grünbein ordnet seinen Kollegen als Pegida-nah ein.(c) imago/IPON (Stefan Boness/Ipon)
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Der Suhrkamp-Verlag hat sich von seinem Autor Uwe Tellkamp wegen eines Flüchtlingssagers distanzierte. Lyriker Durs Grünbein spricht von "geistiger Prüderie".

Der Schriftsteller Durs Grünbein ist nach eigener Darstellung bei seinem Streit mit dem Schriftsteller Uwe Tellkamp eine tiefe Spaltung in Deutschland bewusst geworden. "Die einen bedauern dies und sind der täglich sich ausweitenden Spannungen müde", andere aber "begrüßen die Spaltung und versprechen sich vom offenen Streit eine reinigende Wirkung", so Grünbein in der "Süddeutschen Zeitung".

Tellkamp (49, "Der Turm") hatte in der vergangenen Woche mit Äußerungen über Flüchtlinge und angeblich drohende Repressionen gegen Andersdenkende in Deutschland Kritik und Irritation ausgelöst: "Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent."

Grünbein (55, "Zündkerzen") hielt in der "SZ" entgegen, dieselben Leute, die in die "Sozialsysteme des Westens" eingewandert seien, also die Ostdeutschen, "beklagen sich heute über den Zuzug aus anderen Erdteilen". Ihn erinnere dies sehr an die Mitläufer der Montagsdemos in der DDR: "Als es kein Risiko mehr war, auf die Straße zu gehen, waren sie plötzlich alle dabei - und marschierten dem Begrüßungsgeld entgegen."

Dass Tellkamps Verlag Suhrkamp (der übrigens auch sein eigener ist) sich von seinen Äußerungen distanzierte, stieß bei Grünbein auf Kritik. Das sei ein "absolut falsches Signal", sagte Grünbein der Wochenzeitung "Die Zeit". Suhrkamp stehe nun als "linksliberaler Spießerverein" da und habe so "das Vorurteil von der Gesinnungsdiktatur" nur bestätigt. Die Distanzierung war übrigens ein recht ungewöhnlicher Schritt.

Keine Zensur, sondern Prüderie

Tellkamps Einschätzung, es gebe in Deutschland eine Meinungszensur, teilt Grünbein nicht. Diejenigen, die diesen Vorwurf am lautesten artikulierten, "sitzen doch inzwischen im Bundestag und können publizistisch aus allen Rohren feuern". Was es allerdings "ohne Zweifel" seit einiger Zeit gebe, sei "eine geistige Prüderie, einen Alarmismus, der beklagenswert ist".

Grünbein ordnet seinen Kollegen als Pegida-nah ein: "Was wir von Tellkamp zu hören bekamen, ist uns seit Jahren von den Teilnehmern an den Pegida-Demonstrationen bekannt." Dazu zählten "Islamophobie, Furcht vor dem Anderen, Verschwörungsfantasien, diffuse Sozialängste

(APA/Red.)

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