„Wir haben einen Ort geschaffen, der Schengen heißt“

François Valentiny vor seinem Biodiversum.
François Valentiny vor seinem Biodiversum.(c) Arenz Oliver
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Der Architekt François Valentiny lernte Gustav Peichl als Student in Wien kennen. Seinem Weinhauerdorf Schengen half er später zu einem weltläufigen Antlitz. Heute sorgt er sich um das politische Vermächtnis dessen, wofür „Schengen“ steht.

Schwere Regenwolken hängen über dem Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und Luxemburg, als François Valentiny aus dem Autofenster auf die sich träge dahinschlängelnde Mosel deutet: „An dieser Stelle hat mich mein Vater als Kind zu Fuß durch den Fluss getragen.“ Wer die mächtigen Schleusenanlagen sieht, welche den Fluss bändigen und seit dem Jahr 1964 die Passage schwerer Frachtschiffe ermöglichen, kann sich das kaum vorstellen.

Mangelnde Vorstellungskraft herrschte im Frühsommer 1985 auch in Europas Regierungskanzleien. Ein gemeinsamer Raum souveräner Staaten, den man ohne Grenzkontrollen, ohne Pass bereisen kann? So etwas klang als vages Versprechen akzeptabel, als redliche Absichtserklärung ohne Umsetzungsplan. Politisches Kapital wollte kein Entscheider in Deutschland, Frankreich und den drei Benelux-Staaten darauf verwetten. Und deshalb fand die Unterzeichnung des Schengener Übereinkommens am 14. Juni 1985 fast schüchtern versteckt an Bord des Ausflugsschiffs M.S. Princesse Marie-Astrid statt, das am Moselufer vor dem verschlafenen Weinhauerdorf Schengen angelegt hatte.

François Valentiny war die Geschichtsträchtigkeit dieser sommerlichen Bootspartie auf der Mosel auch nicht bewusst. „Ich weiß nicht, wo ich damals war – aber sicher nicht hier. Die Staaten haben ja alle nicht daran geglaubt, dass das ein Erfolg wird, darum haben sie nur die Staatssekretäre geschickt und keine Minister.“

Er selbst, der 1953 im Nebenort Remerschen geborene Sohn eines Tischlers, war damals ohnehin mit dem Aufbau seiner Laufbahn als Architekt beschäftigt. Das Studium hatte ihn 1975 nach Wien an die Angewandte geführt, dort belegte er Kurse bei Gustav Peichl. Ihre Freundschaft begann 1981 in Salzburg, wo Valentiny als Assistent von Wilhelm Holzbauer an der Sommerakademie arbeitete. Freunde sind sie bis heute geblieben, Valentinys Karriere nahm derweilen einen glänzenden Lauf. Er vertrat Luxemburg bei der Architekturbiennale in Venedig 1991, in Österreich kann man seine Arbeit unter anderem am Beispiel des 2006 neu gestalteten Kleinen Festspielhauses in Salzburg oder der Danube Private University in Krems-Stein betrachten („Da haben wir in den Weinbergen gebaut, das hat Spaß gemacht“).

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