Margot Robbie: „Ich halte mich für einfallsreich“

Stieg mit einer mutigen Rollenauswahl innerhalb weniger Jahre in die A-Liga Hollywoods auf: die australische Schauspielerin Margot Robbie.
Stieg mit einer mutigen Rollenauswahl innerhalb weniger Jahre in die A-Liga Hollywoods auf: die australische Schauspielerin Margot Robbie.(c) REUTERS (HANNAH MCKAY)
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Schauspielerin Margot Robbie spricht über ihren neuen Film, „I, Tonya“, ihre Faszination für Eishockey und ihre Liebe zu Halloween. Außerdem erzählt sie, warum ihr die Business-Seite ihres Jobs so viel Spaß macht und sie in Zukunft Filme vermehrt auch produzieren will.

Wer erinnert sich nicht gern daran, das Video ging um die Welt. Margot Robbie war im Jänner bei Ellen DeGeneres zu Gast und erzählte, unterbrochen von Lachattacken, die Anekdote vom Kennenlernen zwischen ihr und DeGeneres. Während ihrer Flitterwochen beschlossen sie und ihr Ehemann, Regieassistent Tom Ackerley, nach Tagen des Faulenzens im Fitnessraum ein Work-out zu machen. Ackerleys einzige Trainingshose war ihm aber viel zu klein. So klein, dass man, so Robbie, „alles sehen konnte“.

Kein Problem, dachten die beiden. Denn wen soll man schon im Fitnessraum eines Luxushotels in Tahiti treffen? Nun, Ellen DeGeneres zum Beispiel. Und Ex-US-Präsident Barack Obama. Der sie auch noch kannte und herzlich begrüßte. Es folgte ein gemeinsames Fitnesstraining mit Dehnübungen – in der viel zu kleinen Hose. Ackerley starb tausend Tode, erzählte Robbie, die sich in den sozialen Medien für ihre so erfrischende Ehrlichkeit viele Sympathiepunkte holte. Zudem gab es von DeGeneres eine extra große Trainingshose für ihren Mann als Geschenk. Sie war im Übrigen Gast in ihrer Sendung, um ihren neuen Film „I, Tonya“ zu bewerben, der seit vergangenen Freitag im Kino läuft. Margot Robbie im Interview.


Sie spielen in „I, Tonya“ die skandalumwitterte Eiskunstläuferin Tonya Harding. Wie war es, die Frau kennenzulernen, die Sie spielen sollten?

Margot Robbie: Ich habe Tonya absichtlich nicht zur Vorbereitung auf die Rolle getroffen, sondern mir das bis zum letzten Moment aufgehoben. Ich bin erst kurz vor Drehbeginn zu ihr nach Portland geflogen. Es war ziemlich surreal, plötzlich der Frau gegenüberzustehen, mit der ich mich zuvor sechs Monate beschäftigt hatte. Ich habe Unmengen von Videomaterial gesichtet, und nicht nur Aufnahmen vom Höhepunkt ihrer Karriere. Aber mir war es ganz wichtig, sie nicht früher zu treffen. Ich wollte die Figur Tonya Harding, die ich spielen würde, schon für mich selbst im Kopf und im Herzen haben, bevor ich der echten Person begegne.


Haben Sie den Eindruck, dass Harding Frieden mit ihrer Geschichte geschlossen hat und nach all dem Drama ihres Lebens inzwischen glücklich ist?

Zumindest glaube ich, dass sie zufrieden ist mit dem Leben, das sie lebt. Man sieht, wie sehr sie ihren Sohn und ihren Mann liebt. Sie ist die Mutter geworden, die sie selbst nie hatte.

Harding schaffte es von ganz unten nach ganz oben – und ist dann wieder abgestürzt. Hat nicht viel mit Ihrer eigenen Lebensgeschichte zu tun, oder?

Stimmt, aber das macht nichts. Direkt im Anschluss stand ich als Queen Elizabeth vor der Kamera, mit der habe ich auf den ersten Blick auch nichts gemeinsam. Aber je länger man sich mit einer Rolle beschäftigt, desto mehr Details entdeckt man. Klar, ich hatte nicht die geringste Ahnung vom Eiskunstlaufen und war noch nie zuvor in Portland, doch kleine Momente in Tonyas Leben konnte ich nachvollziehen. Erfolgserlebnisse, Frustrationen, alles Mögliche. Und plötzlich merkt man, dass man die Figur doch besser versteht, als man anfangs dachte.


Mussten Sie für die Rolle eigentlich Eiskunstlaufen lernen?

In meiner Kindheit in Australien spielte Schlittschuhlaufen natürlich keine Rolle. Ich glaube, da stand ich insgesamt zwei- oder dreimal auf dem Eis. Das habe ich also erst so wirklich gelernt, als ich vor einigen Jahren in die USA gezogen bin. Denn da bin ich einem Eishockey-Klub beigetreten, wovon ich schon geträumt habe, seit ich als Kind so begeistert war von dem Film „Mighty Ducks“. Für die Rolle in „I, Tonya“ hat mir das allerdings auch nur bedingt geholfen.


Sie spielen Eishockey?

Nicht mehr. Ich bin zwar noch Mitglied in dem Klub, aber ich musste dann schnell feststellen, dass einem als Schauspielerin natürlich keine Versicherung erlaubt, einer vergleichsweise gefährlichen Sportart wie Eishockey nachzugehen.


Für „I, Tonya“ sind Sie nun nicht nur als Hauptdarstellerin, sondern auch als Produzentin verantwortlich. Wann fingen Sie an, sich für diesen Job hinter der Kamera zu interessieren?

Anfangs gar nicht, weil mir nicht klar war, was ein Produzent überhaupt macht. Am Anfang meiner Karriere dachte ich, der organisiert das Geld, und das war's. Dabei ist man in dieser Rolle im Idealfall viel mehr in jeden einzelnen Aspekt des Filmemachens eingebunden. Auf die Idee, das selbst zu machen, kam ich über zwei meiner besten Freunde, die ich 2013 beim Dreh zu „Suite française“ kennenlernte. Beide waren Regieassistenten, erzählten mir aber von ihren Produktionsträumen. Wir taten uns zusammen, und als uns ein Jahr später ein tolles Drehbuch in die Hände fiel, ließen wir den Traum Realität werden.


Das heißt, „I, Tonya“ wird auch nicht die Ausnahme bleiben?

Im Gegenteil. Inzwischen hat unsere Produktionsfirma sechs Mitarbeiter, wir haben Büroräume und einen Deal mit Warner Bros. Aktuell bereiten wir 13 Kinoprojekte und mindestens drei Fernsehserien vor. Es geht also längst nicht nur darum, Rollen zu finden, die ich spielen will. Sondern es macht generell Spaß, erzählenswerte Geschichten auf den Weg zu bringen.


Sind Sie denn als Geschäftsfrau genauso talentiert wie als Schauspielerin?

Mir macht auf jeden Fall die Business-Seite des Jobs verdammt viel Spaß. Und ich bin zwar vielleicht kein Mathegenie, wenn es um das Jonglieren mit Zahlen geht. Aber ich halte mich für recht einfallsreich und pragmatisch. Ich bin ganz gut darin, aus einem kleinen Budget das meiste herauszuholen. Nicht zuletzt, weil ich mich seit zehn Jahren auf Filmsets aufhalte und oft mitbekommen habe, mit welchen Tricks man sich behelfen kann, wenn Zeit und Geld knapp werden. Das wissen Produzenten oft nicht, die eher aus der Buchhaltung kommen.


Wie kam denn Margot, die Produzentin, mit Margot, der Schauspielerin, zurecht?

Haha, das war nicht immer unkompliziert, so viel kann ich sagen. Die Hauptdarstellerin in mir hätte natürlich gern manche Szene noch zwölfmal mehr gedreht, um auch wirklich perfekt zu sein. Aber die Produzentin wusste dann, dass wir kein Geld und keine Zeit für eine Überziehung des Drehplans hatten, also musste ich mir oft selbst einen Riegel vorschieben.


Zum Abschluss noch eine ganz andere Frage, weil wir gerade von freien Tagen sprechen. Stimmt es, dass Sie sich zu Halloween immer als Mann verkleiden?

Ja, das hat sich über die Jahre so ergeben. Ich fand einfach, dass es die coolsten und verrücktesten Halloween-Kostüme immer für Männer gab. Wobei sich das inzwischen auch ein bisschen ändert. Zuletzt gab es ja viele Frauen, die sich als Harley Quinn verkleidet haben, meine Rolle in „Suicide Squad“. Das fand ich super.

Als Australierin ist Ihnen aber Halloween sicher eher fremd, oder?

So richtig kennengelernt habe ich diese Tradition tatsächlich erst, als ich in die USA zog, denn in Australien gab es das zumindest früher nicht. Aber ich habe Halloween sehr schnell lieben gelernt und versuche, an diesem Tag immer in Amerika zu sein. Gerade als prominente Schauspielerin macht es natürlich besonders viel Spaß, weil man dank der Verkleidungen um die Häuser ziehen kann, ohne erkannt zu werden. Mit einer Maske im Club – das geht sonst ja eher nicht. Nicht umsonst bezeichnen viele Hollywood-Stars Halloween als ihren liebsten Tag des Jahres. Mit einigen von ihnen war ich in dieser Nacht schon unterwegs. Und lassen Sie sich gesagt sein: Sie benehmen sich dann wirklich wie Kinder im Süßigkeitenladen, so sehr freuen sie sich, dass sie in der Öffentlichkeit, aber trotzdem anonym unterwegs sind.

Steckbrief

1990
wurde Margot Robbie in Gold Coast im australischen Queensland geboren. Ihre ersten Erfahrungen als Schauspielerin sammelte sie zwischen 2008 und 2011 in der australischen Seifenoper „Neighbours“.

2016
wurde sie mit größeren Rollen in den Filmen „Legend of Tarzan“ und „Suicide Squad“ einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

2018
wurde sie für ihre Rolle in „I, Tonya“ für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert, ging aber leer aus. Margot Robbie lebt in Los Angeles und ist mit dem britischen Regieassistenten Tom Ackerley verheiratet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2018)

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