Budget: Experten warnen vor Pensions- und Pflegekosten

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Hearing. Der Plan eines ausgeglichenen Bundesbudgets steht auf wackeligen Beinen. Ohne Reformen drohen massive Kosten, warnen Ökonomen.

Wien. Es ist interessant, wie unterschiedlich man Zahlen interpretieren kann. Schon vor dem gestrigen Expertenhearing des Budgetausschusses war klar, dass die von der Regierung nominierten Ökonomen das Budget und seine Maßnahmen loben, die von der Opposition entsandten es dagegen kritisieren werden.

Noch interessanter aber war, wie einheitlich alle Experten – bis auf eine Ausnahme – die Gefahren für den Staatshaushalt beurteilten und wie einig sie sich über die Entwicklungen waren, die einen Strich durch die schöne Rechnung von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) machen können: die Pensionen und die Pflege.

Der Experte, der einsam die Pensionen als gesichert bezeichnete, war der von der SPÖ nominierte Arbeiterkammer-Wirtschaftler Markus Marterbauer. „Die Behauptung der Unfinanzierbarkeit des Pensionssystems erweist sich als unvereinbar mit den Fakten“, meinte er. Dies deshalb, weil der Zuschuss des Bundes trotz stark steigender älterer Bevölkerung „bis 2070 konstant bei 15 bis 20 Prozent des BIP bleiben wird“.

Alle anderen Experten forderten Reformen beim Pensionssystem ein. Tobias Thomas (von Neos nominiert), Direktor des Instituts Eco Austria, warnte, dass wegen der Kosten für die Pflege und die Pensionen ab 2030 schon wieder ein Anstieg der Staatsschulden drohe. Er plädierte für eine Koppelung des Pensionsalters an die Lebenserwartung.

Das befürwortet auch Gottfried Haber von der Donau-Uni Krems. Der von der ÖVP ins Hearing geschickte Wissenschaftler gab aber zu bedenken, dass eine sture Verknüpfung nicht sinnvoll sei, weil die Menschen zwar älter würden, aber nicht automatisch auch die gesunden Jahre zunähmen. Es bedürfe einer Kombination aus verschiedenen Maßnahmen.

Hohe Kosten durch Pflege

Haber machte in dem Zusammenhang auf ein anderes Risiko aufmerksam: Die Pflegekosten würden bis 2050 auf mehr als drei Prozent des BIP steigen. Thomas plädierte zur Finanzierung für eine Pflegeversicherung, Marterbauer für eine Erbschaftssteuer.

Der AK-Experte warnte zudem vor einer möglichen Abschwächung der Konjunktur 2019 und 2020. Das könnte, wie das Wifo prognostiziere, zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen und zu neuen Belastungen für das Budget. Interessant war in diesem Zusammenhang, dass Marterbauer den Beschäftigungsbonus, den die Regierung gestrichen hat, wofür sie heftig kritisiert wird, als „weniger wichtig“ bezeichnete. Allerdings kritisierte der Wissenschaftler, dass man die Aktion 20.000 auslaufen ließ. Sie wäre für ältere Arbeitslose wichtig gewesen.

Grundsätzlich viel Sparpotenzial im System ortete Eco-Austria-Direktor Thomas. So gebe Österreich beispielsweise 9600 Euro pro Schulkind und Jahr aus, Norwegen um 1400 Euro weniger, erziele aber bessere Ergebnisse beim Pisa-Test. Er plädiere nicht für Einsparungen, aber man müsse über ein effizienteres System nachdenken.

Die Beurteilung des Budgets durch die Experten ging – je nach nominierender Partei – weit auseinander. Unisono hieß es aber, dass der Überschuss in erster Linie der guten Konjunktur und den niedrigen Zinsen zu verdanken sei. Ex-Weltbank-Ökonom Kurt Bayer (Liste Pilz) meinte, die mit dem Budget angekündigte Zeitenwende sei „übertrieben“. Er kritisierte, dass man viele Lenkungsmaßnahmen, etwa für den Klimaschutz, unterlassen habe. Marterbauer meinte, es wäre „,mehr drinnen gewesen“. Barbara Kolm (FPÖ, Hayek-Institut) lobte, dass es erstmals ein Budget gebe, das „sowohl den Arbeits- als auch den Wirtschaftsstandort stärkt“.

CO2-Steuer eine Möglichkeit

ger, der sich die Ausführungen über weite Strecken interessiert angehört hatte, versicherte, die Reformnotwendigkeiten zu kennen und sie im Laufe der Legislaturperiode anzugehen. Dazu gehöre auch die Abschaffung der kalten Progression für alle Steuerstufen im Jahr 2022. Denkbar seien zudem Steuermechanismen für den Klimaschutz, eine CO2-Steuer sei eine Möglichkeit. Bekräftigt hat der Minister den Plan, 2020 eine große Steuerreform zu realisieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2018)

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