Wiens Stadtschulrat ortet bei den Deutschklassen eine ausgestreckte Hand, die Neos einen Marketing-Gag der Regierung.
Wien. Die SPÖ sieht auch nach den von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) angekündigten Änderungen bei den Deutschklassen (siehe oben) viele offene Fragen bei der Umsetzung. „Das ist eine Ho-ruck-Aktion auf dem Rücken der Lehrer, der Direktoren, der Bundesländer und Gemeinden als Schulerhalter und nicht zuletzt zulasten der betroffenen Kinder“, sagte Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid. Sie fordert ein Expertenhearing im Parlament.
Wiens Stadtschulratspräsident, Heinrich Himmer (SPÖ), zeigte sich konzilianter: „Ich sehe jedenfalls erstmals eine ausgestreckte Hand des Ministers“, sagte Himmer. „Man ist offenbar bereit, über die konkrete Wien-spezifische Umsetzung nachzudenken. Und man erkennt an, dass Wien andere Herausforderungen hat als andere Bundesländer.“
Wiens Bildungsstadtrat, Jürgen Czernohorszky (SPÖ), wiederum zeigte sich erleichtert, dass derzeit bestehende Klassen offenbar doch nicht auseinandergerissen werden. „Enttäuschend ist, dass dennoch ein von Experten und Pädagogen zu Recht abgelehntes Deutschklassenmodell durchgedrückt werden soll.“ Insgesamt frage er sich, warum Faßmann die Direktoren nicht entscheiden lasse, wie die Sprachförderung organisiert werden solle.
„Sachliche Flexibilität bewiesen“
Neos-Chef Matthias Strolz ortet einen „Marketingschmäh“ der Regierung. „Ein Konzept, das so nicht umgesetzt werden kann, wird künstlich am Leben erhalten.“ Bezahlen müssten das die Schüler, die bereits im Schulsystem sind und nicht ausreichend Deutsch sprechen. Eine grundlegende Überarbeitung verlangt die Liste Pilz. „Separation kann nicht die Lösung sein“, betonte Bildungssprecherin Stephanie Cox.
Die Industriellenvereinigung will dem neuen Modell dagegen eine Chance geben. Im Begutachtungsverfahren habe der Minister auf viele Bedenken Rücksicht genommen. „Damit hat man sachliche Flexibilität bewiesen“, sagt Generalsekretär Christoph Neumayer. Die Beibehaltung des Istzustandes könne nicht im Interesse der Lehrer, Kinder oder der Gesellschaft sein.
Das Gesetzespaket soll schon heute den Ministerrat passieren und im Mai im Nationalrat beschlossen werden. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2018)