Großbritannien soll den Giftgasangriff in der Stadt Duma inszeniert haben, behauptet Russland. Die Versionen des Kreml widersprechen einander – und das ist durchaus gewollt.
Moskau. Dass Kriegsgegner einander widersprechende Narrative erzählen, die ihre geopolitische Interessen rechtfertigen sollen, ist nicht neu. Dass im Informationszeitalter Medien zu einem wichtigen Instrument geworden sind, um diese Begründungszusammenhänge zu transportieren, ebenfalls nicht. Doch nicht nur die Ausblendung nicht genehmer Fakten ist zur Realität geworden, auch die simple Leugnung von Verbrechen passiert dieser Tage.
Ein besonders eindringliches Beispiel zirkuliert derzeit in russischen Medien. Gegenstand ist der internationale Streit um den mutmaßlichen Giftgasangriff des Assad-Regimes am 7. April auf die Stadt Duma. In der sonntäglichen Nachrichtensendung des einflussreichen Journalisten Dmitrij Kisseljow firmierte der Vorfall nur unter der zynischen Bezeichnung „Chemischer Zirkus“. Die Kurzfassung: Der mutmaßliche Einsatz von Giftgas, der die USA, Großbritannien und Frankreich am vergangenen Samstag zu Luftschlägen in Syrien veranlasste, sei ein westlicher Fake – eine bewusste Falschmeldung also. Lokale Helfer hatten vom Tod von rund 60 Menschen berichtet. Partner der Weltgesundheitsorganisation WHO hatten von Vergiftungserscheinungen von rund 500 Menschen gesprochen. Auch die internationale Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hielt es angesichts der TV-Bilder für wahrscheinlich, dass ein Giftcocktail aus Sarin und Chlor für die Krankheitssymptome verantwortlich war. Doch anders die Sicht in Russland. Hier streitet man überhaupt ab, dass es zu einem Vorfall gekommen ist.