Erdogan droht Österreich nach Wahlkampfverbot

Archivbild aus dem Jahr 2014, als Erdogan in der Albert-Schultz-Halle in Wien Wahlkampf betrieb.
Archivbild aus dem Jahr 2014, als Erdogan in der Albert-Schultz-Halle in Wien Wahlkampf betrieb.APA/AFP/PATRICK DOMINGO
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In einem TV-Interview attackierte der türkische Präsident Österreich direkt. Er plane einen großen Auftritt im Ausland, betonte Erdogan - ohne das Land zu nennen.

Der türkische Wahlkampf - gewählt wird am 24. Juni - wirft seine Schatten voraus und das bis nach Europa. Mit Österreich schaukelt sich ein Konflikt um das Auftrittsverbot türkischer Politiker in Österreich auf, das die hiesige Regierung beschlossen hatte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan griff Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Wochenende direkt an: "Diese von Österreich ergriffenen Maßnahmen werden auf es selbst zurückfallen", sagte Erdogan am Samstagabend in einem Interview des Senders NTV. Zuvor hatte bereits der türkische Europaminister Celik die Aussage von Kurz scharf kritisiert.

Aber auch mit einer anderen Aussage ließ Erdogan aufhorchen: Er werde auch im Ausland Wahlkampf für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni betreiben. "Ich werde in einer Sporthalle mit einer Kapazität von 10.000 bis 11.000 Menschen - das Land werde ich jetzt nicht nennen - so Gott will vor meinen türkischen Staatsbürgern sprechen", sagte Erdogan auf NTV.

Der Auftritt sei am Rand "einer Versammlung einer internationalen Organisation" geplant, ließ Erdogan durchblicken, ohne weitere Details bekanntzugeben. Wahlkampfauftritte Erdogans im Ausland - etwa in Österreich oder Deutschland - hatten schon der Vergangenheit für Aufregung und zuletzt neuerlich für Diskussionen gesorgt.

Rechtlicher Rahmen in Österreich fertig

In Wien stellte die schwarz-blaue Bundesregierung am Sonntag klar, sie wolle sich durch Aussagen Erdogans und seines Europaministers Ömer Celik nicht beirren lassen. "Türkische Wahlkampfauftritte sind in Österreich unerwünscht und wir lassen diese daher auch nicht mehr zu", sagte ein Sprecher von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag zur Austria Presse Agentur.

Die notwendigen gesetzlichen Grundlagen seien in der Zwischenzeit geschaffen worden, so der Sprecher. Seit Jahren versuche die türkische Führung, "türkeistämmige Communitys in Ländern wie Deutschland, den Niederlanden oder Österreich zu instrumentalisieren". Damit würden Konflikte aus der Türkei in die EU hineingetragen. "Das wollen wir in Zukunft unterbinden", betonte der Sprecher.

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) telefonierte nach dem Wahlkampfauftrittsverbot für türkische Politiker in Österreich und der Kritik aus Ankara daran mit ihrem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu. "Wir sind nicht Ansprechpartner für die türkische Innenpolitik", sagte die Außenministerin danach in einer Aussendung. Diese müsse in der Türkei diskutiert und entschieden werden, so Kneissl.

Auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wies am Sonntag in einer Aussendung Drohungen Erdogans zurück. Wenn Erdogan schon protestieren wolle, dann könnte er dies durch "Verzicht auf die EU-Gelder machen, das wäre mal eine gute Idee von ihm", meinte Vilimsky.

Keine Auftritte geplant

Die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als Auslandsorganisation der Erdogan-Partei AKP gilt, wollte aber offenbar ohnehin keine Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Österreich organisieren, betonten Vertreter in mehreren Medien in den letzten Tagen.

Allerdings werde man "im Rahmen der österreichischen Gesetze unsere Tätigkeiten fortführen und unsere Ansichten bei den Wahlen einbringen". Aber: "Wir wollen keinen Konflikt", sagte der Vorsitzende von UETD-Österreich, Fatih Karakoca im "Neuen Volksblatt" mit Blick auf die Spannungen vor dem Referendum über die Einführung des Präsidialsystems in der Türkei im vergangenen Jahr. Diese hatten im April zu einer Verschärfung des Versammlungsgesetzes geführt, mit dem Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker nun leichter untersagt werden können.

In Deutschland gilt generelles Verbot

In Deutschland leben 1,4 Millionen türkische Wahlberechtigte und damit so viele wie in keinem anderen Land abgesehen von der Türkei selbst. Die deutsche Bundesregierung hat aber Wahlkampfauftritte von Politikern aus Nicht-EU-Staaten drei Monate vor Wahlen in ihrem Land grundsätzlich verboten. Dieses Verbot war eine Reaktion auf den erbitterten Streit, den es vor dem Verfassungsreferendum vor einem Jahr um geplante Wahlkampfauftritte türkischer Politiker gab.

Außenminister Heiko Maas bekräftigte dieses Verbot am Sonntag am Rande des G7-Außenministertreffens in Toronto. "Das gilt. Und das gilt für alle, unabhängig davon, von wo sie kommen." Maas hofft aber darauf, dass das Verbot nicht zu neuem Streit mit der Türkei führen wird. "Das wünsche ich mir nicht, und das wünsche ich auch keinem der Beteiligten", sagte er. "Dieser Streit, den es da gegeben hat, hat keiner Seite irgendetwas genutzt."

Vor dem Verfassungsreferendum hatte die türkische Regierung einzelne Auftrittsverbote auf kommunaler Ebene mit Nazi-Vorwürfen beantwortet. Das deutsch-türkische Verhältnis sackte auf einen Tiefpunkt ab. Im Juni 2017 informierte das Auswärtige Amt dann alle Botschaften in Deutschland in einer Note über das generelle Auftrittsverbot.

Die Frage ist nun, ob die türkische Regierung es für den Wahlkampf vor den für den 24. Juni geplanten Wahlen akzeptiert. Das wird sicher auch Thema beim ersten Treffen von Maas mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu am Montag in New York sein. Beide Politiker nehmen dort an Veranstaltungen der Vereinten Nationen teil.

(APA/dpa/AFP)

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