Toronto: Attackierte Todesfahrer absichtlich Frauen?

APA/AFP/LARS HAGBERG
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Ein "kryptischer" Facebook-Eintrag Alek Minassians könnte ein Hinweis für das Motiv des 25-Jährigen sein, der in Toronto mit einem Lieferwagen zehn Menschen tötete: Sexismus.

Der Amokfahrer von Toronto war womöglich von einem Groll auf Frauen getrieben. Seine Opfer seien überwiegend Frauen im Alter von etwa 20 bis 80 Jahren, teilte der Chefermittler Graham Gibson mit. Kurz vor der Tat habe der 25-jährige Alek Minassian zudem eine "kryptische" Nachricht im Online-Netzwerk Facebook hinterlassen. Es gebe aber "keinen Beweis", dass er es nur auf Frauen absehen habe.

Auf Facebook habe Minassian wenige Minuten, bevor er mit dem Mietwagen losgefahren sei, dem 22-jährigen US-Bürger Elliot Rodger seine Bewunderung ausgesprochen. Rodger hatte 2014 im US-Staat Kalifornien sechs Menschen und anschließend sich selbst getötet, nachdem er zuvor Frust über seine Jungfräulichkeit und über eine Zurückweisung durch Frauen geäußert hatte.

Der Amokfahrer von Toronto bezog sich laut Polizei auch auf eine "Incel Rebellion": "Incel" ist eine Abkürzung für die englische Bezeichnung "involuntarily celibate", was unfreiwilliges Single-Dasein oder unfreiwillige sexuelle Enthaltsamkeit bedeuten kann. Der Begriff "Incel Rebellion" taucht häufig in Internetgruppen auf, in denen frustrierte Männer Frauen beschimpfen. "Wir werden all die Chads und Stacys stürzen", heißt es in dem Beitrag des Amokfahrers. Die Namen Chad und Stacy werden in den betroffenen Internetgruppen abfällig für Männer und Frauen verwendet, die keine Probleme haben, Sex-Partner zu finden.

Minassian galt als Einzelgänger

Minassian hatte am Montag einen gemieteten Lieferwagen mit voller Geschwindigkeit auf den Gehsteig der belebten Yonge-Street im Zentrum von Toronto gelenkt. Nach jüngsten Angaben wurden zehn Menschen getötet und 14 verletzt. Einige der Verletzten befanden sich am Mittwoch noch in Lebensgefahr. Unter den Toten sind zwei Südkoreaner und ein Jordanier.

Der Täter wurde festgenommen und inzwischen des zehnfachen Mordes und 13-fachen versuchten Mordes beschuldigt. Wegen einer Korrektur der Verletztenzahl dürfte er in Kürze auch wegen 14-fachen versuchten Mordes beschuldigt werden.

Minassian lebte mit seinem Vater in einem Vorort von Toronto. Das Haus wurde am Dienstag durchsucht. An seiner Berufsschule galt Minassian als Einzelgänger. Mitschüler beschrieben ihn als verschlossen, sein Verhalten sei oft seltsam gewesen. Er habe aber "nie etwas Gewalttätiges an ihm festgestellt", sagte der ehemalige Mitschüler Ari Blaff dem TV-Sender CBC. Minassians Mutter hatte einer Lokalzeitung 2009 gesagt, ihr Sohn leide am Aspergersyndrom, einer Form des Autismus.

Im Visier der Sicherheitsbehörden war Minassian nie. Die Regierung wies Vergleiche mit Anschlägen islamistischer Attentäter, die in den vergangenen Jahren in mehreren europäischen Städten mit Autos und Lastwagen tödliche Attacken verübt hatten, zurück. Der für die öffentliche Sicherheit zuständige Minister Ralph Goodale sagte, "auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen" sei nicht davon auszugehen, dass eine Gefahr für die nationale Sicherheit bestehe.

(APA/AFP)

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