Salzburgs Spiel glänzt durch Unnachgiebigkeit, System und Witz, es trägt die Handschrift des Deutschen Marco Rose. Der 41-Jährige führte die Bullen zum Titel, ins Cupfinale und ins Europacup-Halbfinale. Wohin führt sein Weg?
Marseille. Marco Rose hat allen Grund für einen Tunnelblick. Der Deutsche muss sich auch auf nichts anderes konzentrieren. Österreichs aktuell erfolgreichster Trainer ist eine der heißesten Aktien im deutschsprachigen Trainergeschäft. Dortmund und Frankfurt sollen an dem 41-jährigen Leipziger Interesse haben. Doch er wiegelt ab, will davon nichts hören. Erst steht seine größte sportliche Aufgabe bevor. Der Salzburg-Coach kann ja heute im Europa-League-Halbfinale in Marseille seinen Wert weiter steigern.
Seine Bullen sind wild entschlossen, vor 60.000 Zuschauern – es ist zugleich die größte Kulisse, vor der sie je gespielt haben – ihren internationalen Erfolgskurs fortzusetzen. „Ich konzentriere mich auf die Arbeit, die vor uns liegt“, sagt Rose also trocken. „Wir wollen ins Finale“, hatte hingegen Sportdirektor Christoph Freund unmittelbar nach dem magischen 4:1-Sieg gegen Lazio Rom im Viertelfinale selbstbewusst hinausposaunt. Ob er sich damit Roses Unmut zugezogen hat, ist nicht übermittelt. Er ist schließlich um Ruhe und keinerlei Fantasterei bemüht, diese Tendenz hatte er in Österreich schnell festgestellt. Allerdings, die Leistungen gegen Sociedad und Dortmund gaben schon Hoffnung darauf. Und drei Tore gegen Lazio binnen 244 Sekunden glücken auch nicht jedem Klub.
„Taktisch neu einstellen“
Das „Salzburger Wunder“ scheint perfekt, die Vorzeichen für den Halbfinaleinzug scheinen für die Truppe des Energiedrink-Milliardärs Dietrich Mateschitz nicht ungünstig. In der Gruppenphase waren beide Teams schon aufeinander getroffen. Salzburg siegte 1:0 und erkämpfte in Marseille ein 0:0. Rose kann all das aber nicht mehr hören, es gehe doch um das Jetzt. „Und ich glaube, dass sich Marseille weiterentwickelt hat. Sie haben oft ein 4-2-3-1 gespielt, jetzt spielen sie oft 4-3-3. Wir müssen uns also taktisch auf unterschiedliche Sachen einstellen.“ Punkt.
Die Auftritte des elffachen Meisters in der Bundesliga sind souverän. Niemand zweifelt am zwölften Titel, den der Verein bereits am Sonntag, vier Runden vor Saisonende, perfekt machen kann. Experten sehen in dem kompletten Umfeld den eigentlichen Schlüssel zum Erfolg. Die Fußball- und Eishockey-Akademie ist seit 2014 Heimat Hunderter Jungspieler, sie entspricht höchstem Standard. Rose hat seine Handschrift zunächst dort, bei Jugendmannschaften, hinterlassen. Er trainierte 2013 die U16, dann die U18, später die U19. Seit knapp einem Jahr ist er der Cheftrainer, wurde im Juni 2017 Nachfolger von Óscar García.
Der Europa-Erfolg ist alles andere als selbstverständlich für die Salzburger, die sich im Gegensatz zum deutschen Mateschitz-Verein Leipzig auch im Titel zu ihrem Förderer bekennen können. Zehn Mal scheiterte man an der Qualifikation zur Champions League. Das Aus gegen Rijeka war einer der bittersten Momente im Cheftrainerleben von Rose. In der Niederlage bewahrte er Haltung und suchte die Schuld nicht beim Referee, der einen regulären Salzburger Treffer nicht anerkannt hatte.
Roses Vertrag läuft zwar bis Juni 2019. Doch schon mit Saisonende dürfte sich sein Weg neu entscheiden. (fin/DPA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2018)