Pädophilen-Prozess in Wien: "Weil ich krank bin"

Die Angeklagten am Montag im Gerichtssaal.
Die Angeklagten am Montag im Gerichtssaal.APA/GEORG HOCHMUTH
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Ein 29-Jähriger Wiener missbrauchte seine Kinder und filmte auch einen Mitangeklagten bei sexuellen Handlungen mit ihnen. Vor Gericht sind beide umfassend geständig.

Am Wiener Straflandesgericht hat ein Prozess gegen einen 29-Jährigen begonnen, der sich regelmäßig an seinem Sohn und seiner Tochter vergangen haben soll, seit sie Babys waren. Er überließ die Kinder auch anderen Pädophilen und fertigte zahlreiche Kinderpornos an. Der Fall flog im Mai 2017 in der groß angelegten Polizeioperation "Elysium" durch deutsche und österreichische Ermittler auf.

Dabei wurde ein ganzes Pädophilen-Netzwerk gesprengt, das sich seit 2012 im Darknet rege mit Kinderpornos versorgte. Unter ihnen war der 29-jährige Wiener, ein Frühpensionist, der seine Tochter erstmals im Alter von zwei Monaten missbrauchte, wie Staatsanwalt Gerd Hermann ausführte. Von dem im Oktober 2009 geborenen Mädchen und dem im Oktober 2011 geborenen Buben angefertigte Kinderpornos tauschte er mit anderen Pädophilen über diese Plattform aus.

Kontakte über Darknet 

Über das Darknet lernte er einen Deutschen und einen Tiroler Landwirt mit ähnlichen Neigungen kennen, die er ab dem Sommer 2016 auch regelmäßig zu sich nach Hause einlud, damit sich diese an den wehr- und hilflosen Kindern vergehen konnten. Während die Männer die Kinder missbrauchten, filmte ihr Vater die abscheulichen Szenen. Der deutsche Verdächtige, der sich in Frankfurt am Main in U-Haft befindet und dort auf seinen Prozess wartet, wurde auf einer sichergestellten Datei anhand auffälliger körperlicher Merkmale als Täter identifiziert und festgenommen.

In weiterer Folge gelang es den Ermittlern, das betroffene Wiener Mädchen auszuforschen. Da sich das auf dem Foto abgelichtete Kind im Volksschulalter befand, wurde vonseiten der Polizei in Schulen nachgefragt. Eine Volksschullehrerin erkannte schlussendlich ihre Schülerin, so kam man auf die Spur des Vaters, der sich seit Mai 2017 in U-Haft befindet.

Umfassend geständig

Die beiden angeklagten Männer zeigten sich beim Verhandlungsauftakt Montagfrüh zu den Vorwürfen umfassend geständig. Den beiden wird schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen sowie pornografische Darstellung Minderjähriger vorgeworfen. Der Vater muss sich zudem wegen Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses und Kuppelei verantworten, der Landwirt auch wegen Vergewaltigung.

Auf der Anklagebank nahmen aber nicht nur der Vater der Kinder und der Tiroler Platz. Der 29-jährigen Mutter des Buben und des Mädchens wird als angeblicher Mitwisserin von der Anklage Beitragstäterschaft vorgeworfen. Die Frau bestreitet, etwas von den inkriminierten Vorgängen gewusst zu haben.

Kinder schwer traumatisiert

Die Kinder lebten auch bis zuletzt bei der 29-jährigen, schwer behinderten Frau. Der sechsjährige Bub und das achtjährige Mädchen sind einem Gutachten zufolge aufgrund des erlebten Martyriums schwer traumatisiert, die psychischen Folgen sind einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen. Die einzige Bezugsperson, bei der sie sich aufgehoben fühlen, dürfte ihre Mutter sein, die versichert, sie hätte nichts vom Treiben des Vaters mitbekommen. Daher wurde vom Jugendamt entschieden, zum Wohl der Kinder diese vorerst bei der 29-Jährigen zu belassen. Die Kinder werden von einer Opferschutzeinrichtung und einer Sozialarbeiterin betreut. Nachdem Medien damit an die Öffentlichkeit gingen, kamen die Kinder diese Woche zu einer Großmutter.

"Weil ich krank bin"

Auf die Frage der Richterin, warum er Kinderpornos von seinem Sohn und seiner Tochter angefertigt habe, meinte der 29-jährige Angeklagte: "Weil ich krank bin!" Er übernehme die "volle Verantwortung". Er erzählte, dass er bereits seit seinem 13. Lebensjahr pädophile Neigungen habe, da habe er erstmals kinderpornografisches Material entdeckt. Als er seine Frau kennenlernte und 2009 heiratete, habe er ein Jahr lang seinen Drang unterdrücken können. Als jedoch bald seine Tochter zur Welt kam, kehrten seine Neigungen zurück. Bereits im Alter von zwei Monaten verging er sich an dem Kind. Auch seinen Sohn missbrauchte er. "Ich kann es nicht mehr ändern. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen", sagte er unter Tränen.

"Ich hab' geschaut, dass es die Kinder verkraften", meinte er. Allerdings leiden der Bub und das Mädchen an einer ausgeprägten posttraumatischen Belastungsstörung, wie eine von der Justiz eingeholte Expertise einer klinischen Psychologin ergeben hat. Die Gutachterin kommt zum Schluss, dass die Kinder seelisch derart massiv beschädigt worden sind, dass die eingetretenen Folgen einer schweren Körperverletzung gleichkommen.

Damit sich die Kinder nicht jemandem anvertrauten, setzte er sie unter Druck. "Ich hab' gesagt, dass sie nichts sagen sollen, sonst müsste ich ins Gefängnis", sagte der bisher unbescholtene 29-Jährige. Seine Frau habe von den schrecklichen Übergriffen nichts mitbekommen. "Ich habe nicht mit ihr geredet, weil ich das auch selbst verdrängen wollte."

Auch Kinder von bekannten missbraucht

Seit 2010 fertigte der 29-jährige Wiener auch pornografische Fotos und Videos von Kindern von Bekannten oder Verwandten an, die man ihm zur Aufsicht überlassen hatte. "Ich war sehr vertrauensvoll. Auf mich hat man sich immer verlassen können. Darum hat man mir auch andere Kinder anvertraut." Von zehn weiteren Kindern fertigte er kinderpornografisches Material an, dass er anderen übers Internet zur Verfügung stellte.

Im Sommer 2016 bekamen der Vater und die Kinder Besuch von anderen Pädophilen, die mehrere Tage blieben. "Die Kinder waren relativ distanzlos", beschrieb der mitangeklagte Tiroler Landwirt die Situation. Während der Vater mit der Tochter im Schlafzimmer übernachtete, schlief der Landwirt mit dem Buben im Kinderzimmer, wo es zu den Übergriffen kam. Der Tiroler war bereits wegen einschlägiger Straftaten vor Gericht gestanden und hatte auch zwei Therapien absolviert. "Warum hilft das bei Ihnen nichts?", fragte Richterin Steindl. "Es hilft schon, ich war ja jahrelang straffrei", meinte der Angeklagte. Aufgrund einer finanziellen Schieflage habe er sich die Therapie nicht mehr leisten können.

Der Sachverständige befürchtet, dass zukünftig wieder mit Straftaten mit schweren Folgen zu rechnen ist, wenn die zwei Beschuldigten nicht entsprechend medikamentös bzw. therapeutisch behandelt werden. Der Staatsanwalt beantragte zusätzlich zu einer schuld- und tatangemessenen Verurteilung - angesichts der Schwere der inkriminierten Delikte drohen den Männern bis zu 15 Jahre Haft - zusätzlich die Unterbringung der Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Wusste Frau Bescheid?

Schwer belastet wurde die Mutter der Kinder von dem Tiroler, etwas von dem Missbrauch gewusst zu haben. Bei einer Situation wurde er demnach von der Frau mit dem nackten Kind erwischt, sie verdrehte jedoch nur die Augen und verließ das Zimmer. Zudem gäbe es ein Video eines Übergriffes, auf dem die Frau im Hintergrund zu sehen ist. "Da war mir klar, dass sie ziemlich sicher Bescheid wusste", sagte der Landwirt.

Das stellte die 29-Jährige heftig in Abrede. Als die Polizei nach der Festnahme ihres Ex-Mannes gekommen sei, "bin ich zusammengebrochen". Für sie sei es zuvor "ein normales Familienleben" gewesen. Der 29-Jährige sei ein "liebevoller Vater" gewesen, der aufgrund der Behinderung der Frau alles erledigt habe. Nach der Scheidung im Jahr 2016 blieben die Kinder beim Vater. "Auch wenn es mir schwer fiel, hab' ich die Kinder in seine Obhut gegeben, weil er sich besser kümmern konnte."

Die Verhandlung wurde nach einer kurzen Mittagspause mit der kontradiktorischen Einvernahme der Opfer und der Erörterung der Gutachten zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt.

(APA)

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