Studiengänge der FH Joanneum forschen gemeinsam an der nachhaltigen Stadt "Ökotopia".
Graz (phi). Der Begriff Nachhaltigkeit stützt sich auf drei Säulen, sagen Experten: die ökologische, die ökonomische und die soziale. Betrachtet man eine isoliert, stürzt das Begriffsgebäude ein – und damit auch die Aussichten auf eine sinnvolle wissenschaftliche Auseinandersetzung.
Die FH Joanneum versucht zusammenzuführen, was üblicherweise einzelne Studiengänge trennen: die systemischen Zusammenhänge der Nachhaltigkeit. „Ökotopia“ ist der imaginäre Ort, der städtische Raum, an dem die Stränge der Überlegungen dreier Fächer in einem Forschungsprojekt zusammenlaufen. Die Studiengänge „Soziale Arbeit“, „Energie-, Verkehrs- und Umweltmanagement“ und „Architektur und Projektmanagement“ sind daran beteiligt.
„Wir versuchen dabei, Nachhaltigkeit mehrspektivisch zu fassen“, erklärt der Projektleiter Bernhard Plé. „Dafür schauen wir uns die Räume an und wie die ,Performance‘ der Nachhaltigkeit in städtischen Gebieten ist“, also dort, wo die Menschen oder, architektonisch gedacht, die Nutzer wohnen, arbeiten und hin- und herfahren. Dabei gehe es auch darum, so Plé, den Nutzern nicht Handlungsanweisungen überzustülpen, sondern von ihrem Verhalten ausgehend die Konzepte zu entwickeln. „Wir holen die Menschen bei ihrem Verhalten ab“, sagt Plé. Dann zeigt sich schnell, welche Strategien alltagsverträglich sind.
Der entscheidende Faktor ist nicht nur, wie viel Energie Gebäude verbrauchen oder womöglich auch produzieren, sondern auch, wie sich die Bewohner der Städte bewegen und wie Identität im Grätzel entstehen kann oder „wie man Räume so gestaltet, dass sich die Nutzer dafür verantwortlich fühlen“, so Plé.
Jeder beteiligte Studiengang könne sich aus den jeweiligen anderen neue Perspektiven ins eigene Curriculum holen. In der „Sozialen Arbeit“ spielt plötzlich die Dimension des Raumes eine Rolle – und umgekehrt in der Architektur die soziale Dimension. Und auch das „Verkehrsmanagement“ möchte natürlich wissen, „warum sich Menschen in gewissen Situationen für das eine oder andere Verkehrsmittel entscheiden“, gibt Plé ein Beispiel dafür, wie die Curricula der Studiengänge voneinander profitieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2010)