Skeptischer Blick auf Absolventen

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Heimische Firmen tun sich mit Bachelor und Master noch schwer – internationale Konzerne kennen sich aus.

Wenn ein Student heute seinen Magistertitel erhält, so ist dieser bereits von gestern. Denn die Magisterstudien laufen österreichweit aus, und die zukünftigen FH- und Uni-Absolventen werden durch die Bank mit dem Titel „Bachelor“ durchs Leben gehen. Um ein Studium als Bachelor abzuschließen, muss man mindestens sechs Semester studiert haben – Vollzeit oder berufsbegleitend, an einer Universität oder Fachhochschule. Erst anschließend kann ein Masterstudium abgeschlossen werden. Das Problem in Österreich: Alle kennen Magister und Doktor, wie aber passen die neuen Bachelors und Master ins System?

Diffuser Eindruck

„Es ist noch zu zeitig, um klare Ergebnisse vorzuweisen“, sagt Günter Tengel, geschäftsführender Gesellschafter des Personalberatungsunternehmens Amrop Jenewein. Tengel vergleicht die derzeitige Situation mit dem Start der Fachhochschulen Mitte der 90er-Jahre, damals wie heute „fehlt noch die Erfahrung“. Er fordert eine „deutliche Positionierung“ der jeweiligen Studien; es gehe darum zu kommunizieren, „was das wirklich ist“. Man lese und höre etwa viel über die Bachelorabsolventen, aber erst die „Zeit kann Vertrauen bringen“, ist Tengel überzeugt. Wenn die Absolventen in den Unternehmen tätig sind, dann könne man die jeweiligen Fähigkeiten einschätzen und das Vertrauen aufbauen. Derzeit sei das Bild von Bachelor und Master noch eher „diffus“, der Bachelor gebe den Eindruck eines „Kurzstudiums“.

„Unternehmen und Absolventen müssen sich erst noch aneinander gewöhnen“, lautet die Einschätzung von Ursula Axmann, Geschäftsführerin des ZBP, des Karrierezentrums der Wirtschaftsuniversität Wien. Es würde noch ein bis zwei Jahre dauern, bis die Firmen das Know-how der neuen Absolventen exakt einschätzen könnten und genau wüssten, „für welche Positionen sie einen Bachelor oder einen Master“ einstellen wollen. An der WU werden derzeit zwei Bachelor- und neun Masterstudien angeboten, die Umstellung auf das sogenannte Bologna-System (EU-weite Vereinheitlichung der Studienarchitektur) auf Bachelor – Master – Doktorat, erfolgte an der WU im Jahr 2006. Als Bachelor und Master in die Arbeitswelt entlassen werden bereits seit Längerem die Absolventen unterschiedlicher Fachhochschulen. Die FH Technikum Wien begann mit der Umstellung bereits 2003, die ersten Bachelors beendeten 2006 ihr Studium. Allerdings drängt es nicht alle Bachelors sofort ins Berufsleben. Über 60 Prozent der Absolventen am Technikum inskribieren anschließend für ein weiterführendes Masterstudium (Vollzeit oder berufsbegleitend). Knapp 2000 Absolventen von Bachelor- und Masterstudien gibt es auch schon an der FH Oberösterreich. Generell finden viele FH-Absolventen über die vorgeschriebenen Plichtpraktika bei Unternehmen in die Berufswelt – wer sich im Praktikum bewährt, erhält schon einmal das Angebot, nach dem Studium ganz einzusteigen.

Internationale Vorteile

Wie die neuen Absolventen von den Unternehmen aufgenommen werden, hängt laut Gerald Reisinger, Geschäftsführer der FH Oberösterreich, davon ab, wie sehr das Unternehmen oder die Branche mit dem Begriff Bachelor respektive Master vertraut sei. So mancher Unternehmer sieht die Bachelors als „Schmalspurakademiker“, eine Tendenz, die Christina Werner, Bachelorabsolventin der FH OÖ, bestätigt: „Manchmal wird man nur als ein etwas besserer Maturant eingestuft; viele wissen nicht genau, was ein Bachelor kann.“ Fortschrittlicher sei beispielsweise die IT-Branche, so Reisinger: „Diese Unternehmen sind meist international tätig und kennen den Bachelor aus den USA oder Großbritannien.“ Nichts Neues sind Master und Bachelors auch bei der OMV. In dem internationalen Konzern „gab es – gerade in den technischen Bereichen – immer schon Mitarbeiter, die über einen Bachelor- oder Mastergrad verfügten, den sie an einer europäischen Universität erworben hatten. Uns sind diese Ausbildungen daher schon lange ein Begriff“, sagt Friederike Stern, Department-Managerin bei der OMV in Wien.

Problem als Beamter

Wer sich als Bachelor in den Dienst des Staates begibt, hat kein Problem, solange er als Vertragsbediensteter seinen Job macht. Die einzelnen Positionen in der öffentlichen Verwaltung sind genau beschrieben, und je nach Einstufung des Arbeitsplatzes erfolgt auch die Bezahlung. Geht es allerdings darum, dass die Staatsdiener zu Beamten ernannt werden, so sitzen die Bachelors oftmals auf dem falschen Posten. Von A1 bis A7 reicht das Beamtenschema; um als A1-Beamter eingestuft (beziehungsweise ernannt) zu werden, sind ein Master- oder Magistertitel notwendig, A2 sind Beamte mit Reifeprüfung (als A7 gelten etwa Reinigungskräfte).

Peter Korecky, Vorsitzenderstellvertreter der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, plädiert daher für die „Einführung einer neuen Staffel zwischen A1 und A2“, um der sechssemestrigen Bachelorausbildung Rechnung zu tragen. Das Einstufungsproblem muss auf jeden Fall in absehbarer Zeit gelöst werden, auch um Sonderregelungen, die derzeit wegen mangelnder Richtlinien gang und gäbe sind, einzudämmen. Aber, so Korecky, „wir wussten zunächst auch nicht, wie wir mit Juristen umgehen sollten, die nicht mehr Doktoren, sondern ,nur‘ Magister sind“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2010)

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