Justin Trudeau und Emmanuel Macron verbindet ein amikales Verhältnis. Sie pflegen Doppelstrategie gegenüber Trump.
Wien/Ottawa. Emmanuel Macron war eigens zwei Tage vor dem Auftakt des G7-Gipfels in die kanadische Hauptstadt Ottawa gekommen, und Justin Trudeau begrüßte ihn wie einen alten Freund aus Studienzeiten. Dabei waren sie einander erstmals vor einem Jahr beim G7-Treffen im sizilianischen Taormina begegnet. Auf Anhieb erweckten sie den Eindruck einer „Bromance“, einer amikalen, quasi brüderlichen Beziehung: „Hey, Bro.“
Der kanadische Premier und der französische Präsident stimmten ihre Positionen ab: Ihr gemeinsames Plädoyer für einen starken Multilateralismus, ihr Appell für Freihandel und Klimaschutz war demonstrativ gegen Donald Trump gerichtet. Damit war der Ton für eine Pressekonferenz und ein Dinner am Donnerstagabend gesetzt.
Von Anfang suchten die beiden indessen nicht die Konfrontation mit dem US-Präsidenten, sondern dessen Nähe. Sie versuchten, ihn einzubinden und sogar zu umschmeicheln, ihn von ihrer Sache zu überzeugen – von der Nordamerikanischen Freihandelszone Nafta und dem Pariser Klimaschutzabkommen. Vergebens. Was Donald Trump allerdings nicht davon abhielt, Trudeau und Macron als Freunde zu apostrophieren. Er fühlte sich ernst genommen. Nun wollen sie ihm freilich – zusammen mit Angela Merkel und den EU-Bossen Juncker und Tusk – die Grenzen aufzeigen.
Die „Überflieger“ Trudeau (46) und Macron (40), die kometengleich ihre politische Karriere starteten und mit ihren Wahlsiegen für eine Sensation sorgten, teilen manche Gemeinsamkeiten. Dass sie die jüngsten Teilnehmer in der Runde der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten westlichen Industrienationen sind und ihnen die französische Muttersprache gemeinsam ist, ist offensichtlich. Dynamisch, charismatisch, charmant, aufgeschlossen, sensibel für Umwelt- und Gesellschaftsfragen – das sind Attribute, die ihnen zugeschrieben werden.
Beim Besuch Trudeaus in Paris im April, als er auch im Parlament eine Rede hielt, priesen sie ihren politischen Stil. Zuweilen schien es, als stünden sie im Wettstreit, wer von ihnen der modernere Politiker ist. Im Übereifer ihrer Mission sind sie zuletzt aber in den Umfragen abgesackt. (vier)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2018)