Großbritannien: May stellt sich heikler Brexit-Abstimmung

 Die britische Regierung muss um ihr Brexit-Gesetz zittern.
Die britische Regierung muss um ihr Brexit-Gesetz zittern.(c) REUTERS (YVES HERMAN)
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Die Regierung muss um Zustimmung des Unterhauses für ihr EU-Austrittsgesetz zittern.

London. Die britische Regierung muss um ihr Brexit-Gesetz zittern. Nur wenige Tage nach einem mühsamen Kompromiss im Kabinett über die Frage der Zollunion sind ab Dienstag wieder die Abgeordneten am Wort.

„Es wird wichtig sein, welches Signal wir geben“, appellierte Premierministerin Theresa May in einer Fraktionssitzung um Einigkeit gegenüber den Änderungswünschen des House of Lords.

Das nicht gewählte Oberhaus hatte der Regierung bereits 15 Abstimmungsniederlagen zugefügt, darunter zu so heiklen Themen wie der Zollunion, der Rolle des Parlaments bei der Verabschiedung des Brexit-Abkommens und über das endgültige Datum des EU-Austritts. Da die Regierung May keine eigene Mehrheit hat und zudem die Konservativen in entscheidenden Fragen zutiefst gespalten sind, können die gewählten Volksvertreter im Unterhaus nun den Kurs entscheidend ändern. Einer der Knackpunkte wird die Forderung des Parlaments sein, das letzte Wort über das künftige Verhältnis zwischen London und Brüssel zu bekommen.

Dennoch zeigten sich Regierungsvertreter wie Staatssekretär Dominic Raab, ein prominenter Brexit-Befürworter, vor Beginn der zweitägigen Debatte und Abstimmung „hinreichend zuversichtlich“, die Änderungswünsche verhindern zu können. Das Oberhaus hatte sich nicht nur für einen Verbleib in der Zollunion ausgesprochen, sondern auch für das „Norwegen-Modell“ votiert. Das bedeutet weitere Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt gegen Bezahlung und ohne Mitspracherecht. EU-Gegner wie der führende Konservative Jacob Rees-Moog meinen, dass Großbritannien damit zu einem „Vasallenstaat“ würde.

Zur Hilfe könnte der Regierung in den nächsten Stunden ausgerechnet der politische Gegner kommen: Obwohl der Verbleib in der EU-Zollunion offizielle Linie der Labour Party ist, gibt es auch in der Oppositionspartei zahlreiche Rebellen aus Wahlkreisen, die für den Brexit gestimmt hatten.

Sie fühlen sich nicht zuletzt von Parteichef Jeremy Corbyn ermutigt, der ein harter linker EU-Gegner ist und zuletzt mit der Forderung nach „Mitgliedschaft in einem neuen Binnenmarkt“ für mehr Verwirrung als Klärung gesorgt hatte. Tory-Veteran Clarke spottet: „Die meisten Labour-Abgeordneten haben mindestens so viel Angst vor einer Corbyn-Regierung wie ich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2018)

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