Migration vermasselt gutes Zeugnis für die Wirtschaft

OeNB-Chef Ewald Nowotny kann sich neue Regeln bei der Zuwanderung vorstellen.
OeNB-Chef Ewald Nowotny kann sich neue Regeln bei der Zuwanderung vorstellen.REUTERS
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Der Währungsfonds sieht die Wirtschaft auf einem guten Weg. Das Wachstum ist robust, die Schuldenquote sinkt. Aber die Zuwanderung von schlecht qualifizierten Ausländern trübt das Bild.

Wien. Die Wirtschaft brummt, die Aussichten sind weiter gut. Sogar die Schuldenquote sinkt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt Österreich in seinem vorläufigen Länderbericht für 2017/18 ein gutes Zeugnis aus. Es gibt aber Schönheitsfehler: Die Sparpläne der Regierung seien nicht konkret genug.

Und der Arbeitsmarkt kann die Zuwanderung nur schlecht verkraften. Es kommen zu viele schlecht qualifizierte Ausländer, die nur langsam integriert werden. „Die Presse“ analysiert das IWF-Zeugnis, das am Montag in der Nationalbank vorgestellt wurde – und fügt passende Schulnoten hinzu.

Konjunktur: 1

Besser geht immer, aber viel besser wird es so schnell nicht, weshalb sich die Konjunktur heuer tatsächlich ein Sehr gut verdient hat. Die Wirtschaft ist 2017 um 3,0 und im ersten Quartal um 3,1 Prozent gewachsen. „Es läuft gut“, sagte IWF-Experte Thomas Dorsey am Montag: „Die Lebensqualität ist hoch, die Armut niedrig.“ Das Wachstum wird am Ende des Jahres wieder bei 3,0 Prozent landen, so der IWF – getragen von robustem Konsum, starker Investitionstätigkeit und guten Exporten. Mittelfristig sollte sich das Wachstum aber bei 1,75 Prozent einpendeln, so der IWF.

Reformen: 3

Das robuste Wachstum sollte die Regierung veranlassen, notwendige Reformen anzugehen. Das betonte auch Nationalbank-Chef Ewald Nowotny am Montag: „Man muss das Dach reparieren, wenn die Sonne scheint.“ Die Experten des IWF zeigen sich auch beeindruckt von den Ambitionen der Regierung, bis 2022 einen strukturellen Budgetüberschuss zu erreichen und gleichzeitig Steuern und Abgaben zu reduzieren.

Allein: Den Weg dorthin kann der IWF noch nicht erkennen: „Die Pläne sind ambitioniert, aber viel muss noch im Detail geklärt werden“, so Dorsey. Die bisher angepeilten Einsparungen würden nicht reichen, um das Ziel einer Abgabenquote von 40 Prozent zu erreichen. Es brauche mehr Kürzungen. Außerdem würde die Alterung der Gesellschaft zu wachsenden Kosten führen und das Budget belasten. Es brauche deshalb Reformen des Gesundheits-, Pensions- und Fördersystems.

Staatsschulden: 2

Im Grunde ist jede Schuldenquote über 60 Prozent der Wirtschaftsleistung ein automatisches Nicht genügend. Aber alles ist relativ. Und Österreich steht tatsächlich „gut“ da bei den Schulden. Der Staat konnte seinen Schuldenstand dank des Wirtschaftswachstums um ganze fünf Prozentpunkte senken. Bis 2023 könne die magische Grenze von 60 Prozent sogar erreicht werden. Aktuellen Berechnungen zufolge würde Österreich dann zumindest „sehr nah dran sein“, so der IWF.

Arbeitsmarkt: 3

Trotz solider Zahlen hat der Arbeitsmarkt mit großen strukturellen Problemen zu kämpfen. „Um die Arbeitslosenquote auf Vorkrisenniveau zu bekommen, bedarf es proaktiver Politik“, so der IWF. Die Arbeitslosigkeit ist bei denen am höchsten, die nur die Pflichtschule absolviert haben. Die Ausbildung müsse daher weiter verbessert werden. Gleichzeitig brauche es Maßnahmen für ältere Arbeitslose und solche, die den Standort und das Unternehmertum stärken, um die Nachfrage nach Arbeit zu erhöhen.

Migration: 4

„Wollen Sie, dass Ausländer etwas beitragen oder die Wirtschaft nur kosten“, fragt IWF-Mann Thomas Dorsey. Die Zuwanderung bringt bisher nicht die gewünschten Effekte. Migranten hätten meist ein niedrigeres Qualifikationslevel. Auch bei gut ausgebildeten Ausländern sei die Arbeitslosigkeit höher als bei vergleichbar qualifizierten Österreichern. „Die Integration muss effektiver werden, durch Ausbildung und Training.“

OeNB-Chef Nowotny fügt hinzu: „Es macht mich unglücklich, wenn ich sehe, dass gut integrierte und ausgebildete Lehrlinge abgeschoben werden. Gleichzeitig haben wir das Problem mit der potenziellen Masseneinwanderung von Menschen, die nur schwer zu integrieren sind. Das ist ein juristisches Problem. Hier müssen sich die Regeln vielleicht ändern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2018)

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