Laut dem neuen Arbeitsklima-Index werden 18 Prozent der Mehrstunden nicht abgegolten. Kritik gibt es von Ex-ÖVP-Ministerin Kdolsky, sie spricht von einem "Kniefall" der Regierung "vor der Industrie".
Wien. 250 Millionen Überstunden machen Österreichs Arbeitnehmer im Jahr. Allein das ist Johann Kalliauer, dem Präsidenten der Arbeiterkammer Oberösterreich, ein Dorn im Auge. Denn nur ein Fünftel der Beschäftigten, die mehr arbeiten, macht das auch gerne. Der Rest der vom Sozialforscher Sora repräsentativ Befragten will weniger arbeiten – auch wenn damit Gehaltseinbußen verbunden sind, heißt es in dem am Montag präsentierten Arbeitsklima-Index.
Was Kalliauer aber noch mehr ärgert: Rund 18 Prozent der geleisteten Überstunden werden nicht abgegolten, weder mit Zeitausgleich noch mit Geld. Damit entgehe den Betroffenen rund eine Milliarde Euro – das Median-Grundgehalt plus Überstundenzuschlag gerechnet. „Überstunden sind ungesund, unerwünscht und unbezahlt“, sagte Kalliauer und erteilte den Regierungsplänen zur Ausweitung der höchstzulässigen Arbeitszeit auf 60 Wochenstunden nicht überraschend eine Abfuhr.
ÖGB-Demo am Samstag
Ablehnend zeigten sich auch die Teilnehmer der ÖGB-Betriebsräte-Konferenz am Montag. „Wenn rote Linien überschritten werden, wird es entsprechende gewerkschaftliche Schritte geben“, warnte ÖGB-Chef Wolfgang Katzian. Die Vorgangsweise der Regierung habe er sich „nicht in den schlimmsten Träumen erwartet.“ Für Samstag ist eine Demonstration des Gewerkschaftsbundes geplant. Auch Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky kündigte im „Kurier“ an, teilzunehmen. Sie kritisierte die Pläne der Regierung als „Kniefall vor der Industrie“. (eid/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2018)