Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef Lehner wirft einzelnen Aktionären im Streit um den Kurswechsel "Psychoterror" vor. Den US-Hedgefonds geht der Umbau des Konzerns zu langsam.
Im Streit um den Kurs bei Thyssenkrupp hat Aufsichtsratschef Ulrich Lehner einzelne Investoren scharf angegriffen. Sie hätten viel getan, um den Industriegüterkonzern und seinen abgetretenen Vorstandschef Heinrich Hiesinger zu destabilisieren, sagte Lehner in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview der Wochenzeitung "Die Zeit".
Einige Aktionäre hätten Wege beschritten, "die teilweise schon als Psychoterror bezeichnet werden können". Hiesinger war im Zuge der Fusion der Stahlsparte von Thyssenkrupp mit dem Konkurrenten Tata unter Druck geraten, weil Anteilseigner wie der US-Hedgefonds Elliott oder Cevian Capital aus Schweden mehr Tempo bei dem seit langem angekündigten Umbau des Ruhrkonzerns gefordert hatten. Hiesinger hatte Ende vergangener Woche überraschend das Handtuch geworfen.
Bei der Suche nach einem Nachfolger für Hiesinger setzt Lehner nach einem Bericht des "Handelsblatts" (Mittwoch) auf eine Übergangslösung. Es laufe darauf hinaus, dass Finanzchef Guido Kerkhoff das Unternehmen bis zu einer endgültigen Personalentscheidung führen solle, berichtete die Zeitung unter Verweis auf Konzernkreise. Ein Sprecher von Thyssenkrupp wollte sich nicht zu dem Bericht äußern.
"Bei uns gibt es keine Not"
Lehner ließ offen, wie lange eine Einigung im Aufsichtsrat über die Strategie und einen neuen Unternehmenschef dauern könne. "Es wird so lange dauern, wie es dauern muss", sagte er. Forderungen nach einem Verkauf der profitablen Aufzugssparte erteilte Lehner eine klare Absage. "Das widerspräche jeglicher Vernunft." Solches Tafelsilber verkaufe man nur in der Not: "Bei uns gibt es keine Not."
Zu Wort meldete sich in der "Zeit" auch Thyssenkrupps größte Anteilseignerin, die Krupp-Stiftung. Der Vizechef des Kuratoriums, der 95-jährige Reimar Lüst, sagt der Wochenzeitung mit Blick auf den Finanzinvestor Cevian und den Hedgefonds Elliott: "Wir werden den Heuschrecken nicht das Feld überlassen, sonst verraten wir den Auftrag der Stiftung." Der Rücktritt des Thyssenkrupp-Chefs Heinrich Hiesinger hat Lüst persönlich getroffen. "Wenn wir könnten, würden wir Herrn Hiesinger sofort zurückholen. Wir haben immer hinter ihm gestanden."
Cevian-Gründungspartner Lars Förberg hingegen unterstrich seine Forderung nach einem Strategiewechsel: "In einem integrierten Verbund von U-Booten, Stahlhandel und Aufzügen können wir, wie übrigens die meisten anderen Eigentümer, keinen industriellen Sinn erkennen." Förberg kann die Kritik von Gewerkschaften an seiner Arbeit nicht nachvollziehen. Cevian arbeite "nicht gegen, sondern mit den Belegschaften. Wer wenig erfolgreich ist, riskiert Arbeitsplätze, aber wer stark und wettbewerbsfähig ist, sichert und steigert Beschäftigung."
(APA/dpa)