Trump und May wollen "ambitioniertes" Handelsabkommen nach dem Brexit

BRITAIN-US-DIPLOMACY-TRUMP
BRITAIN-US-DIPLOMACY-TRUMPAPA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI
  • Drucken

Die USA und Großbritannien streben ein gemeinsames Freihandelsabkommen nach dem Brexit an. Das Interview, in dem US-Präsident Donald Trump die britische Premierministerin Theresa May angriff, bezeichnete er als "Fake News".

Großbritannien und die USA haben sich nach Angaben von Premierministerin Theresa May darauf geeinigt, ein gemeinsames Freihandelsabkommen anzustreben. Beide Länder wollten unter anderem einen "Gold Standard" bei der Kooperation in Finanzdienstleistungen setzen, sagte May am Freitag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Präsident Donald Trump auf dem Landsitz Chequers bei London.

Die Wall Street in New York und die Londoner City bilden zwei der größten Finanzzentren der Welt. May sprach von einem "ambitionierten" Deal. Die politisch angeschlagene Premierministerin hatte erst kurz zuvor erklärt, dem für März 2019 vorgesehenen Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit) solle auch ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union folgen.

Die Beziehung zwischen den USA und Großbritannien sei "unverzichtbar" und "sehr, sehr stark", beteuerte der US-Präsident nach dem Treffen mit May. Stunden zuvor hatte er May in einem Interview mit der britischen Boulevardzeitung "The Sun" scharf kritisiert, was für Empörung bei den Briten sorgte. Dieses Interview bezeichnete Trump als "Fake News"

Vereint gegenüber Russland

Die USA und Großbritannien wollen May zufolge Russland entschieden und vereint entgegentreten. May sagte nach dem Treffen, sie sei sich mit Trump einig gewesen, dass ein Dialog mit Moskau aus einer Position der "Stärke und Einigkeit" erfolgen müsse.

Trump sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz, seine Regierung sei gegenüber Russland bisher "härter aufgetreten als jeder andere". Auch wolle er ein gutes Verhältnis zu Putin entwickeln, sei das eine gute Sache. Mit Blick auf die russische Besetzung der Krim erhob Trump am Freitag Vorwürfe gegen seinen Vorgänger Barack Obama. Die Besetzung sei in dessen Amtszeit geschehen. "Das war eine Obama-Katastrophe." Trump kommt an diesem Montag in Helsinki zu einem Gipfeltreffen mit Putin zusammen.

London "not amused"

In einem beispiellosen Interview anlässlich seines ersten Besuchs als US-Präsident in Großbritannien hatte Donald Trump die angeschlagene Premierministerin und deren Brexit-Strategie attackiert. Im Gespräch mit der Boulevard-Zeitung "The Sun" drohte er ihr mit dem Scheitern eines möglichen Handelsabkommens zwischen Großbritannien und den USA. Auch Trumps Schmeichelei für einen der größten Rivalen Mays barg politischen Zündstoff für die Fortsetzung seines Besuchs am Freitag.

London war "not amused" über die Frontalattacken von US-Präsident Donald Trump gegen Theresa May. Zwar reagierte Mays Sprecher am Freitag mit britischer Trockenheit. May freue sich darauf, "sich mit dem Präsidenten zusammenzusetzen und mit ihm das Weißbuch [die Brexit-Strategie, Anm.] durchzugehen", sagte er. Doch schärfere Worte kamen etwa vom britischen Forschungs-Staatsminister Sam Gyimah. "Wo sind Ihre Manieren, Herr Präsident?", fragte er auf der Kurznachrichtenplattform Twitter.

Auch der ehemalige führende Außenpolitiker Simon Fraser reagierte harsch: "Diese herablassende Bemerkung über Theresa May ist völlig ungeheuerlich - egal, welche Meinung man über sie, ihre Regierung oder ihren Umgang mit dem Brexit hat", schrieb er auf Twitter.

Beim öffentlichen Auftakt eines Treffens am Landsitz Chequers am Freitagmittag waren Trump und May bemüht, den Anschein von Normalität zu wahren. Weder der US-Präsident noch die Premierministerin gingen auf den Eklat ein. Trump sagte, die Beziehungen zwischen den USA und Großbritannien seien "sehr, sehr stark". Die britische Premierministerin erklärte, es gebe sehr viel zu besprechen.

Zeitpunkt mit Kalkül gewählt

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Interviews war wohl mit Kalkül gewählt: Nach Angaben der "Sun" fand das Gespräch bereits am Mittwoch vor dem NATO-Gipfel in der US-Botschaft in Brüssel statt. Die Zeitung aus dem Medienimperium von Robert Murdoch, dem großer Einfluss auf Trumps Politik nachgesagt wird, veröffentlichte Ausschnitte des Gesprächs aber erst am Donnerstagabend - kurz nachdem May Trump im Blenheim Palace nahe Oxford zu einem festlichen Gala-Dinner empfangen hatte.

Bei dem Dinner sollte es darum gehen, Trump von einem baldigen Start der Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit London für die Zeit nach dem EU-Austritt zu überzeugen. Mit der Aussicht auf Deals wie diesen hatte die britische Regierung Brexit-Gegner zu besänftigen versucht.

Dass Trump ihr im Interview nun derart in die Parade fährt, schwächt die politisch ohnehin schwer angeschlagene Premierministerin zusätzlich. Erst am Montag waren Brexit-Minister David Davis und Außenminister Boris Johnson im Streit über die Strategie in den Verhandlungen mit Brüssel zurückgetreten. Mays Brexit-Pläne sehen unter anderem eine Freihandelszone und ein Zollabkommen mit der EU vor. Sie ist dringend darauf angewiesen, den Trump-Besuch als Erfolg zu verkaufen. Doch das dürfte nun schwierig werden.

Trump stellte Handelsabkommen in Frage

Statt May den Rücken zu stärken, lobte Trump erneut ihren Widersacher Johnson, dessen Rücktritt er mit "großem Bedauern" zur Kenntnis genommen habe. Er wolle die beiden nicht gegeneinander ausspielen, betonte er zwar - doch dann folgte eine Aussage, die als volle Breitseite gegen May interpretiert werden kann. "Ich sage nur, ich denke, er wäre ein großartiger Premierminister."

Trump sagte, eine zu enge Bindung an die Europäische Union nach dem Brexit würde dazu führen, dass die USA bei einem Handelsabkommen mit Großbritannien doch wieder mit der EU verhandeln müssten. "Also wird es das Abkommen wahrscheinlich töten", fügte er mit Blick auf einen möglichen Deal Großbritanniens mit den USA hinzu.

Mays Brexit-Strategie kommentierte Trump mit den unverblümten Worten: "Ich hätte das sehr anders gemacht. Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört." Stattdessen scheine May das Gegenteil getan zu haben. "Das ist in Ordnung, sie sollte verhandeln, wie sie es am besten kann." Bei der von May angestrebten Vereinbarung handle es sich aber nicht mehr um das, wofür die Briten im Referendum gestimmt hätten.

Zorniges Trump-Baby vor dem Parlament

Der Besuch Trumps war zwar bereits im Vorhinein umstritten, doch die neuen Attacken gaben den Briten neuen Zündstoff. Demonstranten ließen neben dem britischen Parlament einen großen Ballon steigen, der Trump als oranges, schlecht gelauntes Baby zeigt.

APA/AFP/TOLGA AKMEN

Der Londoner Bürgermeister, dem Trump in dem Interview vorwarf, "einen schlechten Job zu machen", verteidigte den Ballon. "Ehrlich gesagt ist die Idee, das wir das Recht auf Meinungsfreiheit einschränken, weil sich ein ausländischer Politiker auf den Schlips getreten fühlen könnte, ein Gang am Abgrund", sagte Khan dem BBC-Radio. Bei Protesten gegen den mehrtägigen Besuch Trumps werden am Freitag in London bis zu 100.000 Menschen erwartet.

(APA/dpa/AFP/Reuters/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Demonstrators protest against the visit of U.S. President Donald Trump, in central London
Europa

Anti-Trump-Proteste in London gewinnen an Fahrt

100.000 Menschen werden bei der Demonstration in London anlässlich des Besuchs von US-Präsidenten Donald Trump in Großbritannien erwartet.
FILE PHOTO - U.S. property magnate Donald Trump practices his swing at the 13th tee of his new Trump International Golf Links course near Aberdeen
Außenpolitik

Trumps Golfplätze in Schottland sorgen für Ärger

Mit dem Bau einer Golfanlage hat sich Trump die Sympathien der Schotten gründlich verscherzt. Die schottische Regierungschefin Sturgeon weigert sich den US-Präsidenten persönlich zu treffen.
Morgenglosse

Der unliebsame Onkel aus Amerika

Theresa May und die Briten zählen die Stunden, bis der US-Präsident Donald Trump wieder abreist. Erst muss aber die Queen noch ihre Teatime mit dem Gast überstehen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.