Mutmaßlicher Leibwächter Bin Ladens will wieder nach Deutschland

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Die Affäre um den abgeschobenen Tunesier Sami A. hält Deutschland weiter in Atem. Sein Anwalt und ein deutsches Gericht lassen mit schweren Vorwürfen aufhorchen.

Der tunesische Anwalt des abgeschobenen Sami A. hat die sofortige Rückführung seines Mandanten nach Deutschland gefordert. Sein Mandant hätte "nie nach Tunesien" abgeschoben werden dürfen, sagte Seif Eddine Makhlouf der "Bild"-Zeitung vom Montag. Makhlouf sprach von "einem unglaublichen Skandal", der in Deutschland passiert sei.

Keiner der Vorwürfe sei jemals bewiesen worden, sagte der Anwalt dem Blatt. "Es gibt nichts, weshalb mein Mandant in Deutschland verurteilt wurde", sagte Makhlouf. Er forderte deutsche Papiere für Sami A. und eine Rückkehr seines Mandanten nach Deutschland zu seinen vier Kindern.

Makhlouf sagte, bei den Vorwürfen gegen Sami A. handle es sich um "Lügen, die man jetzt hier in Tunesien erfindet, um ihn festzuhalten". Nichts davon werde Bestand haben. Wenn Sami A. tatsächlich der Bodyguard des 2011 getöteten Al-Kaida-Führers Osama bin Laden gewesen wäre, "hätten die USA ihn nie frei durch Deutschland laufen lassen".

Beschluss des Verwaltungsgerichtes

Der als islamistischer Gefährder eingestufte Tunesier A. war Freitagfrüh in sein Heimatland abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen fasste jedoch am Freitagabend einen Beschluss zur Rückholung, weil die Abschiebung "grob rechtswidrig" verlaufen sei.

Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland nach Tunesien ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Im Jahr 2015 wurden nur 17 Tunesier in ihr Heimatland zurückgebracht. 2016 waren es 116 und 2017 bereits 251, wie das deutsche Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. In diesem Jahr sind von Jänner bis Ende Mai schon 155 Menschen in den Maghreb-Staat zurückgeführt worden.

Kooperation mit Tunesien funktioniert

Hintergrund der gestiegenen Zahl sind Gespräche, die der frühere Innenminister Thomas de Maizière (CDU) mit den nordafrikanischen Maghreb-Staaten im Frühjahr 2016 geführt hat, um Abschiebungen zu erleichtern. Dabei ging es unter anderem um die schnelle Identifizierung und die Beschaffung der notwendigen Dokumente für die Ausreisepflichtigen.

In Deutschland leben nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 760 Menschen, die als "Gefährder aus dem islamistischen Spektrum" eingestuft sind. Das bedeutet, dass die Sicherheitsbehörden ihnen schwere Straftaten zutrauen. Rund zwei Drittel davon sind entweder deutsche Staatsbürger oder Bürger eines EU-Landes. Von den Gefährdern aus sogenannten Drittstaaten, also weder Deutschland noch EU, ist nach Angaben des Ministeriums rund ein Drittel ausreisepflichtig.

Wie kompliziert die Abschiebung sein kann, zeigt der Fall Sami A.. "Es gibt die generelle Erwartungshaltung der Politik, dass ausreisepflichtige Gefährder in ihre Herkunftsländer zurückkehren", teilte das Innenministerium mit. Im letzten Jahr sei es gelungen, die Zahl der abgeschobenen Gefährder auf "deutlich auf über 90 Personen zu steigern".

(APA/red.)

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