Die Gummistiefelfraktion und „die Grafen“

Die Presse/Clemens Fabry
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Während Großwaldbesitzer meist Fachpersonal haben, sind die Kleinen über die Waldverbände organisiert.

Österreich ist nicht nur ein Land der Waldbesitzer, es ist naturgemäß auch eines des Waldes. Knapp die Hälfte der österreichischen Staatsfläche (rund vier Millionen Hektar) besteht aus Wald. Zu den bekanntesten Waldbesitzern gehören hierzulande die Österreichischen Bundesforste – sie sind auch die größten, wie ein Blick in die Top Ten der größten Forstbetriebe deutlich macht (siehe Grafik). Die Bundesforste stehen mit rund 510.00 Hektar Wald an der Spitze, dann kommt sehr lang nichts. Platz zwei belegt die Stadt Wien mit 42.000 Hektar, die auch sehr viel Wald außerhalb Wiens besitzt. Platz drei geht an die Forstbetriebe Franz Mayr-Melnhof-Saurau (27.400 Hektar). Danach finden sich vor allem Stiftungen oder Betriebe, die auf ehemalige Adelsfamilien zurückgehen, sowie die Kirche. Unter Waldexperten wird deshalb gern in Waldbauern und „die Grafen“ unterschieden.


„Der Egoist kooperiert“. Ein Wald mit einer Fläche unter 200 Hektar wird in Österreich als Kleinwald bezeichnet, wobei das für heimische Verhältnisse schon relativ groß ist. Hört man sich bei den Waldverbänden in den Bundesländern um, wird meist eine durchschnittliche Waldgröße von zehn bis 20 Hektar angegeben. In den 1980er- und 90er- Jahren haben sich – auf Initiative der Landwirtschaftskammer – die einzelnen Waldverbände herausgebildet. „Wir wurden zwar anfangs von der Kammer unterstützt, sind heute aber selbstständig“, sagt Paul Lang, Obmann des Waldverbandes Steiermark. Während sich Großwaldbesitzer eher an die Bundesforste wenden (für Beratung oder auch komplettes Waldmanagement), sind die Waldverbände die Anlaufstelle für Kleinwaldbesitzer. „Die werden immer mehr, wir haben mittlerweile 16.000 Mitglieder, Tendenz steigend“, sagt Lang stolz. Nachsatz: „Ich sag immer, ein kluger Egoist kooperiert.“ Weil es sich für einen einzelnen Kleinwaldbesitzer nicht auszahlt, sich mit einer geringen Menge an Festmeter an ein Sägewerk zu wenden, übernimmt das mittlerweile der Waldverband. 2005 hat der steirische Waldverband eine eigene Firma gegründet, die sich um die Holzvermarktung kümmert. „Da ist plötzlich etwas entstanden, das wir nicht für möglich gehalten haben. Wir wurden immer von den Grafen als Gummistiefelfraktion belächelt, aber plötzlich haben wir gute Preise für unser Holz bekommen und sind auf Augenhöhe. Wir haben das Holz in der Hand“, sagt Paul. Mit einer Million Festmeter Holz pro Jahr ist der steirische Waldverband das Vorzeigebeispiel der einzelnen Bundesländer.

In Niederösterreich komme der Waldverband (mit 7000 Mitgliedern) auf 80.000 bis 90.000 Festmeter pro Jahr, erklärt Obmann Franz Fischer. „Ein kleiner Waldbesitzer mit zehn Festmeter kann das nicht vermarkten. Auf ein Lastauto passen 35 Festmeter, man muss einfach mehrere Mengen zusammenfassen für das Sägewerk und den Transport.“ Wobei nicht alle Waldbesitzer bei den Waldverbänden organisiert sind. Fischer schätzt, dass 80 Prozent der niederösterreichischen Waldbesitzer Landwirte sind. Die sind in der Regel mit Know-how und Maschinen ausgestattet und kommen allein zurecht. Hoffremde Waldbesitzer sind da schon mehr auf die Verbände angewiesen.


Wald im Klimawandel. Auch deshalb wurde vor ein paar Jahren die Initiative „(Z)eichen setzen“ vom Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und dem Land Steiermark ins Leben gerufen. Um einen Wald langfristig zu erhalten, müsse man ihn pflegen. Gerade hofeigenen Waldbesitzern sei das oft nicht bewusst, erklärt sich die Initiative auf ihrer Startseite. Auch das Projekt „Klimafitter Wald“ von mehreren Institutionen (Bundesforschungszentrum für Wald, Nachhaltigkeitsministerium, Landwirtschaftskammer, Boku,...) ist eine Reaktion auf die wachsende Anzahl der Waldbesitzer, vor allem aber auf die Veränderungen, die dem Wald durch den Klimawandel bevorstehen. Denn auch das ist ein Thema, das im Gespräch mit Waldexperten immer wieder auftaucht: die Fichte, der Brotbaum der Forstwirtschaft (auf den die komplette Sägeindustrie ausgerichtet ist), kommt mit den steigenden Temperaturen und vor allem der Trockenheit nicht (mehr) gut zurecht. Was sie zu einem gefundenen Fressen für Schädlinge macht. „Die Fichte hält unser Klima nicht mehr aus, sie stammt ja aus dem Norden“, erklärt Försterin Sandra Tuider. In der Buckligen Welt gehe es den Wäldern dank großer Regenmengen in den letzten Jahren noch gut. „Aber im Waldviertel da ist es apokalyptisch. Manche Waldbauern stehen da vor dem Ende ihrer Existenz.“ Es gäbe zwar Alternativen zur Fichte, wirklich mithalten könne aber kaum ein Baum mit ihr. Das ist allerdings ein Thema, mit dem sich alle Waldbesitzer, egal ob Alteingesessene oder Neueinsteiger in Zukunft beschäftigen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2018)

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