Mehr als 220 Tote bei IS-Anschlagsserie im Süden Syriens

Mehrere Detonationen erschütterten die südliche Provinzhauptstadt Sweida.
Mehrere Detonationen erschütterten die südliche Provinzhauptstadt Sweida.imago/Xinhua
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Selbstmordattentäter des IS haben in der Stadt Sweida im Süden Syriens ein Blutbad angerichtet. Der IS gerät in der Nachbarprovinz Daraa immer mehr in Bedrängnis.

Bei einem der blutigsten IS-Überraschungsangriffe im syrischen Bürgerkrieg sind Aktivisten zufolge mehr als 220 Menschen ums Leben gekommen, darunter Dutzende Zivilisten. Mindestens vier Selbstmordattentäter der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sprengten sich dabei in der von der Regierung kontrollierten Stadt Sweida (Al-Suwaida) in die Luft. Unter den Todesopfern sind nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter mindestens 89 Zivilisten und 94 regierungstreue Kämpfer. Auch 38 IS-Kämpfer seien getötet worden, darunter die Selbstmordattentäter.

Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch weiter meldete seien mehr als 200 Menschen bei dem Angriff verletzt worden. Der IS bekannte sich über sein Sprachrohr Amaq im Internet zu dem Angriff. Es war einer der folgenschwersten IS-Angriffe seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs 2011.

Die Extremisten rückten den Menschenrechtlern zufolge in mehrere Orte nahe Sweida vor. Anhänger der Regierung und der IS hätten sich über Stunden heftige Gefechte geliefert. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA meldete, die Armee habe den Angriff zurückgeschlagen. Sie sprach von zahlreichen Toten und Verletzten, nannte aber keine Zahlen. Der Gouverneur Sweidas, Amir al-Ishi, sagte dem regierungstreuen Sender Al-Ikhbaria, die Stadt sei "sicher und ruhig".

IS in Nachbarprovinz vor dem Ende

APA

Die staatliche Nachrichtenagentur SANA schrieb, die Angriffe in Sweida seien ein Versuch, den Druck von den IS-Kämpfern in der Nachbarprovinz Daraa zu nehmen, "die ihrem unvermeidlichen Ende entgegengehen". Die rund tausend IS-Kämpfer in der Region westlich von Sweida sind seit Tagen heftigen Luftangriffen russischer und syrischer Kampfflugzeuge ausgesetzt. Auch am Mittwoch wurden neue Angriffe gemeldet.

Die meisten getöteten Kämpfer auf Seiten der Regierung waren laut Beobachtungsstelle Einwohner, die zur Verteidigung ihrer Dörfer zu den Waffen gegriffen hatten. Die Bevölkerung von Sweida gehört zumeist zur Minderheit der Drusen, die sich weitgehend aus dem Bürgerkrieg herausgehalten hat.

Die IS-Miliz reklamierte die Anschläge auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram für sich. "Soldaten des Kaliphats" hätten in Sweida Kontrollposten und Gebäude der Regierung angegriffen und ihre Sprengstoffgürtel gezündet, hieß es.

Syrische Staatsmedien bestätigten, dass es Tote und Verletzte in Sweida und umliegenden Dörfern gegeben habe, nannten aber keine Zahl. Die Armee startete demnach eine Gegenoffensive, um die IS-Kämpfer zurückzudrängen.

Rückzugsgebiete in der Wüste

Die Truppen von Machthaber Bashar al-Assad haben die IS-Miliz in den vergangenen Monaten aus ihren Hochburgen im Osten des Landes vertrieben. Doch verfügt die Extremistengruppe weiter über Rückzugsgebiete in der Wüste, von wo sie immer wieder Anschläge auf die Regierungstruppen verübt. In der Provinz Daraa gehen nun die Assad-Truppen gegen die Gruppe Jaish Khaled bin al-Walid vor, die sich zur IS-Miliz bekannt hat.

Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden bei der Offensive in Daraa seit dem 19. Juli mindestens 41 Zivilisten, 67 Jihadisten und 49 Kämpfer der Regierungstruppen getötet. Am Dienstag meldete Israel den Abschuss eines syrischen Kampfflugzeugs im israelischen Luftraum. Damaskus warf dem Nachbarn dagegen vor, einen Kampfjet über syrischem Territorium beschossen zu haben, der Luftangriffe auf die Jihadisten geflogen sei.

In den vergangenen Wochen war es den Truppen Assads mit einer Mischung aus Verhandlungen und militärischem Druck gelungen, die meisten Rebellengebiete in Daraa und der angrenzenden Provinz Quneitra wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Rückeroberung von Daraa ist für Assad von großer symbolischer Bedeutung, da dort im März 2011 die Proteste gegen ihn begonnen hatten, die sich später zum Bürgerkrieg ausweiteten.

(AFP/Reuters/dpa)

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