Riad weist kanadischen Botschafter wegen Tweets zu Frauenrechten aus

FILE PHOTO: U.S. Secretary of State Hillary Clinton and First lady Michelle Obama congratulate Samar Badawi of Saudi Arabia in Washington
FILE PHOTO: U.S. Secretary of State Hillary Clinton and First lady Michelle Obama congratulate Samar Badawi of Saudi Arabia in WashingtonREUTERS
  • Drucken

Kanadas Außenministerin forderte auf Twitter die Freilassung einer saudischen Frauenrechtsaktivistin. Saudiarabien sieht darin eine "eklatante Einmischung" in innere Angelegenheiten.

Nach Kritik an einer Festnahmewelle hat Saudi-Arabien den kanadischen Botschafter Dennis Horak ausgewiesen und seinen eigenen Botschafter aus Kanada zurückgerufen. Die Geschäftsbeziehungen mit Ottawa würden eingefroren, teilte das saudi-arabische Außenministerium in der Nacht auf Montag mit. Als Grund für das Vorgehen wurde eine "Einmischung" in die inneren Angelegenheiten Saudi-Arabiens genannt.

Anlass war ein Tweet der kanadischen Außenministerin Chrystia Freeland vom Donnerstag. Darin heißt es, Kanada sei ernsthaft besorgt wegen neuer Festnahmen von Aktivistinnen für die Zivilgesellschaft sowie Frauenrechte in Saudi-Arabien, einschließlich von Samar Badawi. "Wir bitten die saudi-arabischen Behörden dringend, sie und alle anderen friedlichen Menschenrechtsaktivisten freizulassen."

Dies sei eine eklatante und unzulässige Einmischung in innere Angelegenheiten Saudi-Arabiens, die gegen alle internationalen Normen und Protokolle verstoße, betonte das saudische Außenministerium in einem Tweet. Die kanadische Position sei ein Affront, der eine harte Antwort erfordere, um weiteren Versuchen einer Einmischung zuvorzukommen. Botschafter Horak müsse das Land binnen 24 Stunden verlassen.

Kampf um Recht, Auto fahren zu dürfen

Die Aktivistin war nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vor kurzem mit einer Mitstreiterin festgenommen worden. Badawi und Nassima al-Sada hatten jahrelang für das Recht gekämpft, in dem ultrakonservativen Königreich Auto fahren zu dürfen, berichtete die Organisation. Die Festnahmen stünden im Einklang mit geltendem Recht, da die Betroffenen Straftaten verübt hätten, teilte das saudi-arabische Außenministerium dazu mit.

Auch Badawis Bruder, der Blogger Raif Badawi, ist inhaftiert. Ensaf Haidar, die Ehefrau des zu tausend Peitschenhieben und zehn Jahren Gefängnis verurteilten Bloggers, hat gemeinsam mit ihren drei Kindern erst vor kurzem die kanadische Staatsbürgerschaft erhalten.

"Kanada wird sich immer für den Schutz von weltweiten Menschenrechten, eingeschlossen in hohem Maße Frauenrechte, und Meinungsfreiheit einsetzen", teilte Marie-Pier Baril, die Sprecherin von Freeland, in einer E-Mail der Deutschen Presse-Agentur mit. Deshalb werde das Land auch niemals zögern, für diese Werte zu werben. Sie seien wesentlich für die internationale Diplomatie.

Kanadas Premierminister Justin Trudeau hatte im März einen Waffendeal der konservativen Vorgängerregierung mit Saudi-Arabien aus dem Jahr 2014 bestätigt und gegen Kritik im eigenen Land verteidigt. Der 15 Milliarden Kanadische Dollar (etwa 10 Milliarden Euro) schwere Deal über den Verkauf von mehr als 900 Panzerfahrzeugen an das Königreich stehe im Einklang mit Kanadas Außen- und Verteidigungspolitik, sagte er im März.

Staatsführung will Kontrolle über Reformen behalten

Laut Weltbank machte Kanadas Handel mit Saudiarabien im Jahr 2016 lediglich 0,24 Prozent des gesamten Handels des Landes aus. Im Vergleich dazu gingen 76 Prozent des gesamten kanadischen Exportgeschäftes in die USA.

Seit Juni dürfen Frauen in dem streng islamischen Saudi-Arabien Auto fahren. Zu verdanken haben sie die neue Freiheit dem ehrgeizigen Kronprinzen Mohammed bin Salman, den vor allem die jungen Saudis als Reformer sehen. Der 32-Jährige gilt als starker Mann des Königreichs und will dem Land eine Kur verpassen. Vor allem geht es ihm darum, die Wirtschaft umzubauen, damit sie weniger abhängig vom Öl ist, das das Land reich gemacht hat, aber eines Tages erschöpft sein wird.

Schon Mitte Mai waren zunächst mindestens 17 Aktivisten festgenommen worden, von denen einige zumindest zwischenzeitlich wieder freigelassen wurden. Das harte Vorgehen des Staates in einer Phase der Öffnung erklären Experten damit, dass die Staatsführung die volle Kontrolle über die Reformen behalten will.

(APA/dpa/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman verspricht Veränderungen. Zugleich werden aber Aktivisten eingesperrt.
Außenpolitik

Der saudische Feldzug gegen Kritiker

Saudiarabiens Führung verhängt weitere Strafmaßnahmen, weil Kanada die Freilassung von Dissidenten verlangt hatte. Der saudische Kronprinz will nur von oben gesteuerte Reformen zulassen.
Staatslinie Saudia
Österreich

Saudiarabien setzt Flüge nach Kanada aus

Der Streit zwischen Saudiarabien und Kanada verschärft sich. Die Fluglinie Saudia will Flüge von und nach Toronto stoppen.
Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman Al-Saud.
Außenpolitik

Saudis kappen Draht zu Kanada

Saudiarabien weist wegen Kritik an Verhaftung der Schwester von Blogger Badawi kanadischen Botschafter aus und friert Geschäfte ein.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.