Saudiarabiens Führung verhängt weitere Strafmaßnahmen, weil Kanada die Freilassung von Dissidenten verlangt hatte. Der saudische Kronprinz will nur von oben gesteuerte Reformen zulassen.
Ottawa/Wien. Aggressiv in der Außenpolitik aber reformfreudig im Inneren. Das ist der Kurs, für den der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman steht. Der 32-Jährige gilt einerseits als treibende Kraft bei der saudischen Militäroperation im Jemen. Andererseits hat er gegen die erzkonservativen Kräfte im Königreich die Aufhebung des Autofahrverbots für Frauen durchgesetzt. Doch zugleich geraten Aktivisten der Zivilgesellschaft rasch ins Visier der Polizei. Die saudische Führung will gesellschaftspolitische Veränderungen von Oben steuern. Trotz aller Reformansätze reagiert sie nach wie vor allergisch auf Widerspruch und Kritik – ganz gleich, ob aus dem In- oder dem Ausland.
Das zeigt auch die jüngste diplomatische Krise mit Kanada nur allzu deutlich. Saudiarabien hat nun seinen Kurs verschärft und weitere Strafmaßnahmen gegen Kanada verhängt: Die saudische Fluggesellschaft Saudia wird ab 13. August die Flüge nach Toronto vorläufig einstellen. Zudem sollen rund 15.000 saudische Studenten kanadische Schulen und Universitäten verlassen.
Entzündet hat sich der saudische Ärger an der kanadischen Kritik an Menschenrechtsverletzungen. Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland und ihr Ministerium hatten die „sofortige Freilassung“ von inhaftierten Aktivisten der Zivilgesellschaft in Saudiarabien gefordert. Es geht dabei vor allem um Samar Badawi, die Schwester des inhaftierten und verurteilten Bloggers Raif Badawi. Badawis Frau Ensaf Haidar und ihre drei Kinder leben in Sherbrooke in der kanadischen Provinz Quebec und haben jüngst die kanadische Staatsbürgerschaft erhalten.