Koschka Hetzer-Molden: „Um Gottes Willen, ein Ashram?“

Koschka Hetzer-Molden in ihrer Wohnung in Wien-Penzing vor der Bücherwand ihres Mannes, des 2002 verstorbenen Otto Molden. „Ich bin nicht so ordentlich.“
Koschka Hetzer-Molden in ihrer Wohnung in Wien-Penzing vor der Bücherwand ihres Mannes, des 2002 verstorbenen Otto Molden. „Ich bin nicht so ordentlich.“(c) Stanislav Jenis
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Koschka Hetzer-Molden, einst wegen bundesdeutscher Aussprache vom ORF geschasst, dokumentiert die Brahma Kumaris – trotz anfänglicher Skepsis.

Die Bücherwand auf dem Foto ist dieselbe wie die, vor der Koschka Hetzer-Molden jetzt gerade sitzt: Deckenhohe Regale in der Altbauwohnung in Wien-Penzing, sogar das englische Teeservice, das ihr eigentlich noch nie recht gefallen hat, steht heute wieder da. Auf dem Bild, das irgendwann Anfang der 1990er aufgenommen wurde: sie selbst, ihr Ehemann Otto Molden und zwei Frauen in Weiß, über die die Journalistin nun einen Dokumentarfilm gemacht hat: die inzwischen 102 Jahre alte Dadi Janki, Präsidentin der Brahma Kumaris, der wohl größten spirituellen Organisation der Welt, die von Frauen geführt wird, und eine ihrer Schwestern.

„Mein Mann war ja ein schwerer Katholik“, sagt die gebürtige Hamburgerin. „Aber er war sehr beeindruckt von den beiden.“ Das gilt auch für sie selbst – obwohl sie anfangs skeptisch war. Eine Freundin nahm sie Ende der 1980er-Jahre mit ins Hauptquartier der Brahma Kumaris, auf dem Mount Abu in Rajasthan, Indien, wo sie nun auch die Dokumentation drehte. „Und ich habe gesagt: Um Gottes Willen, ist das ein Ashram?“ Es war tatsächlich ein Ashram – jedoch keiner, bei dem man frühmorgens zur Meditation verpflichtet wird. „Man muss gar nichts dort. Man kann dort auch den ganzen Tag spazieren gehen.“

„Wir sind so intolerant“

Hetzer-Molden lernte die Prinzipalin Dadi Janki kennen, die seit 1983 an der Spitze der Frauen in Weiß steht („Aus irgendeinem Grund durfte ich sehr schnell zu der Obersten“). Und kehrte zehn Jahre später für einen ersten Fernsehbericht über die Organisation zurück. „Diese Frauen bringen ungeheure Leistungen“, sagt sie. Sie betreiben soziale, ökologische und Bildungsprojekte, ein Krankenhaus, Solaranlagen. „Ein tolles Wirtschaftsmodell.“ Das habe sie in ihrem Film zeigen wollen – sowie generell ein anderes Bild von Indien, abseits der Schreckensmeldungen. Gelernt habe sie, dass der Widerstand gegen spirituelle Themen hierzulande mitunter groß ist. „Wir sind so intolerant gegenüber anderen Menschen, die auch Gott suchen.“

Mit Widerstand scheint die langjährige ORF-Journalistin aber ganz gut umgehen zu können, das bezeugt unter anderem ein Zeitungscover, das sie zwischen den vielen Büchern und allerhand Kunstwerken eingerahmt in ihrer Wohnung stehen hat. „Gefeuert – weil sie Hochdeutsch spricht“, titelte am 2. März 1972 die Hamburger „Morgenpost“. „Die Hamburger Schauspielerin Koschka Hetzer (30) darf auf Österreichs Mattscheiben nicht mehr erscheinen.“ Nach einigen Moderationen von ORF Kultur habe Gerd Bacher sie rausgeschmissen, erzählt sie.

Ihre Karriere beim Rundfunk beschädigte das nicht nachhaltig – unter anderem leitete Hetzer-Molden später das ORF-Literaturressort. Und nebenbei führte der Rauswurf zu einem anderen wichtigen Treffen: Als Hetzer-Molden zwecks Aussprache mit Bacher 1973 zum Forum Alpbach fuhr, traf sie dort Forumsgründer Otto Molden. Mit dem sie von 1984 bis zu seinem Tod 2002 verheiratet war.

„Lieber Lenin, mach mich fromm“

Damals, nachdem Otto Molden im Urlaub in Zypern beim Schwimmen ertrunken war, fuhr sie übrigens wieder zu den Frauen in Weiß „Nur für mich selbst.“ Vielleicht besucht sie die Brahma Kumaris auch noch einmal; einen nächsten Film über sie wird es aber nicht geben. Reizen würde Hetzer-Molden dagegen einer über Osteuropa. Konkret Rumänien, wo sie einst als Kind neun Jahre verbrachte und wo die Familie nach dem Umsturz im Jahr 1944 alles verlor – eine Erfahrung, die die Journalistin vor einigen Jahren auch in der „Presse“ beschrieb („Lieber Lenin, mach mich fromm“). „Rumänien ist so ein Land zwischen Vergangenheit und Zukunft. Das interessiert mich.“

Zur Person

Koschka Hetzer-Molden ist Journalistin. Ihr jüngster Dokumentarfilm „Die Frauen in Weiß“ handelt von der Gemeinschaft Brahma Kumaris in Indien, der größten spirituellen Frauenorganisation der Welt. Er wird am Mittwoch, den 15. August, im Rahmen der Wortwiege Thalhof (Reichenau an der Rax) gezeigt, es folgt ein Gespräch mit Hetzer-Molden und dem Initiator des Solarprojekts der Brahma Kumaris. Die gebürtige Hamburgerin studierte am Reinhardt-Seminar in Wien, arbeitete danach als Schauspielerin und später beim ORF.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2018)

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