Deutschland: Neues Einwanderungsgesetz soll gezielt Fachkräfte anlocken

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die deutsche Regierung legt den Fokus auf die qualifizierte Zuwanderung. Denn die Wirtschaft klagt über einen Fachkräftemangel.

Wien/Berlin. Weil in Deutschland der Fachkräftemangel immer dramatischer wird, haben sich CDU/CSU und SPD nun auf Eckpunkte für ein neues Einwanderungsgesetz geeinigt. Im Wesentlichen geht es darum, wie deutsche Firmen leichter Fachkräfte aus sogenannten Drittstaaten (wie etwa Techniker oder Programmierer aus Indien oder China) finden.

Ähnlich wie in Österreich bestehen hier auch in Deutschland viele Restriktionen. Das neue Gesetz legt nun fest, dass ausländische Fachkräfte mit einer qualifizierten Berufsausbildung sechs Monate lang zur Jobsuche nach Deutschland kommen dürfen. Wenn sie innerhalb dieser Zeit keinen Job gefunden haben, müssen sie in ihre Heimat zurückkehren. Die Einreise wird nur genehmigt, wenn Fachkräfte nachweisen können, dass sie während des Aufenthalts in Deutschland selbst für den Lebensunterhalt aufkommen können. Die Qualifikation wird anhand von Zeugnissen überprüft.

Auch müssen die Fachkräfte nachweisen, dass sie über Deutschkenntnisse, die für die angestrebte Tätigkeit notwendig sind, verfügen. Auch andere Hürden fallen weg. So wird die von der Bundesagentur für Arbeit erstellte Mangelberufsliste gestrichen. Die sogenannte Vorrangprüfung wird ebenfalls abgeschafft. Die Vorrangprüfung sah vor, dass Fachkräfte aus Drittstaaten erst dann einen Job annehmen dürfen, wenn kein Deutscher oder EU-Bürger dafür infrage kam. Deutsche Firmen hatten dies als bürokratisch und zeitaufwendig kritisiert.

Im Gesetzesentwurf heißt es: „Wir setzen am Fachkräftebedarf unserer Wirtschaft an und werden die bestehenden Regelungen gezielt öffnen sowie klarer und transparenter gestalten. Den Fokus legen wir auf den Bedarf an Fachkräften mit qualifizierter Berufsausbildung.“ Handwerksbetriebe hatten in der Vergangenheit befürchtet, dass die hohen deutschen Qualifikationsstandards für ausländische Fachkräfte aufgeweicht werden könnten. Um solche Ängste zu zerstreuen, legt das Gesetz fest, dass an der Gleichwertigkeitsprüfung der beruflichen Qualifikation festgehalten wird.

Es fehlen 437.000 Fachkräfte

Bei den Deutschkenntnissen kommt den deutschen Goethe-Instituten im Ausland eine wichtige Rolle zu. Diese sollen verstärkt berufsbezogene Deutschkurse anbieten. Das Gesetz soll noch heuer beschlossen werden.

Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge fehlten im Vorjahr in Deutschland rund 437.000 Fachkräfte. Falls dieser Bedarf gedeckt werden kann, „würde die Wirtschaftsleistung in Deutschland um bis zu 0,9 Prozent oder rund 30 Milliarden Euro höher ausfallen“, heißt es.

Dass abgelehnte Asylwerber über das neue Gesetz eine Bleibe finden, wird von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgelehnt. In Regierungskreisen hieß es am Freitag, es soll eine „klare Trennung zwischen der humanitären Aufnahme und der Arbeitskräftemigration“ geben.

In Österreich fordert die Industriellenvereinigung ähnliche Reformen. Denn auch hier fehlen viele Facharbeiter. Zudem gilt die Rot-Weiß-Rot-Karte, mit der die qualifizierte Zuwanderung gesteuert wird, als zu bürokratisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2018)

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