Meyer/Welser-Möst: Neue Ära an der Wiener Staatsoper

(c) APA (ROBERT JAEGER)
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Die neuen Intendanten präsentierten den ersten Spielplan. Viele Premieren dirigiert Welser-Möst selbst. Auch neu: Philharmoniker-Kollektivvertrag - das Orchester wird um fast 20 Proben mehr pro Jahr absolvieren.

Ab September steht die Wiener Staatsoper unter neuer Führung. Dominique Meyer, bisher Intendant des Pariser Théâtre des Champs Elysées, wird Direktor, Franz Welser-Möst Generalmusikdirektor. Manuel Legris, einst Schützling von Rudolf Nurejew, übernimmt die Leitung des Wiener Staatsballetts, wie der Zusammenschluss der Tanzkompanien nun heißt. Dienstag präsentierte das Trio seinen ersten Spielplan und verwies darauf, dass die verhältnismäßig späte Bestellung durch Kunstministerin Schmied für die erste Saison keine großen Sprünge bezüglich Star-Engagements mehr zugelassen hat.

Daher, so Welser-Möst, „wird es eine starke Präsenz meinerseits bei den kommenden Premieren geben“. Kollegen wie Thielemann oder Muti kämen spätestens zum Verdi- und Wagner-Jahr 2013. Der künftige GMD dirigiert zur Eröffnung der Spielzeit eine Wiederaufnahme des „Tannhäuser“, der im Juni 2010 zum Finale der Ära Holender Premiere haben wird, danach eine musikalische Neueinstudierung von Puccinis „Bohème“ (5. bzw. 6. September 2010).

Er leitet auch die Premieren von Hindemiths „Cardillac“, Mozarts „Don Giovanni“ und „Figaros Hochzeit“ sowie Leoš Janáčeks „Katia Kabanova“. Womit die Schwerpunkte der ersten Spielzeiten bereits feststehen. Dominique Meyer: „Es ist mir ein Anliegen, einen neuen Mozart-Zyklus herauszubringen, den Welser-Möst betreut. Wir wollen an die große Mozart-Tradition der Wiener Oper wieder anknüpfen. Wir werden auch Janáček breiten Spielraum widmen.“

Donizetti mit Netrebko und Gruberova

Überhaupt soll Musik des 20.Jahrhunderts konsequent eingebunden werden: So studiert Seiji Ozawa „Jenufa“ wieder ein, auch Brittens „Billy Budd“ kehrt zurück.

Belcanto-Liebhaber müssen aber nicht zurückstehen: Anna Netrebko und Elīna Garanča singen in einer neuen „Anna Bolena“ (inszeniert von Eric Génovése, dirigiert von Evelino Pido), für Edita Gruberova gibt es konzertante Aufführungen von „Lucrezia Borgia“. Was Inszenierungen anbetrifft, will Meyer bewährte Produktionen nicht ersetzen, sondern wieder auffrischen. Otto Schenk wurde gewonnen, mehrere seiner Inszenierungen wieder zu betreuen, kommende Spielzeit den „Rosenkavalier“, dann auch die „Meistersinger“ und die „Fledermaus“. Auch Franco Zeffirellis „Bohème“ wird mit frisch restaurierten Bühnenbildern weiter gezeigt. Die viel diskutierte Hereinnahme barocker Opern in den Wiener Spielplan beginnt mit Händels „Alcina“. „In der Stadt Harnoncourts“, erläutert Meyer, „will ich solche Werke mit Originalinstrumenten spielen lassen. Daher gastiert Marc Minkowski mit seinen Musiciens du Louvre.“

Eine Sensation verkündete der neue Intendant quasi am Rande der Pressekonferenz: Mit den Philharmonikern konnte ein neuer Kollektivvertrag geschlossen werden. Ab sofort absolviert das Orchester um fast 20 Proben mehr pro Jahr im Haus am Ring.

Frischer Wind weht beim Ballett: Manuel Legris konnte sich Rechte für Balanchine-Choreografien ebenso sichern wie für eine „Hommage an Jerome Robbins“. Außerdem sollen klassische Nurejew-Arbeiten wieder ins Programm genommen werden. Man beginnt mit „Don Quixote“ – ausgehend von der Arbeit der Ballettschule will man die Kompanie in den kommenden Jahren aufstocken und mittels neuen Systems (ab sofort gibt es ein vierstufiges Solistensystem) auf die herausragenden Tänzer aufmerksam machen. Jede Ballettsaison wird mit einer luxuriösen „Nurejew-Gala“ im Gedenken an den großen Tänzer schließen.

Siehe Leitartikel, Seite 27

Premieren 2010/11

Hindemith, „Cardillac“: Welser-Möst/Sven-Eric Bechtolf; 17.Oktober
Händel, „Alcina“: Mikowksi/Adrian Noble; mit den Musiciens du Louvre; 14.November
Mozart, „Don Giovanni“ und „Figaros Hochzeit“: Welser-Möst/Jean-Louis Martinoty; 11.Dezember bzw. 16.Februar
Donizetti, „Anna Bolena“: mit Anna Netrebko und Elīna Garanča; 2.April
Konzertant: „Lucrezia Borgia“: mit Edita Gruberova; 2.Oktober
Janáček, „Katja Kabanova“: Welser-Möst/André Engel; 17.Juni

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2010)

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