Kinderbetreuung: Große Änderungen im Kleingedruckten

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Der Bund macht den Ländern gegenüber Zugeständnisse – nicht nur beim Geld und beim Kopftuch.

Wien. Alles entsprach dem üblichen Regierungsprozedere: Große Ankündigungen werden von Kanzler, Vizekanzler und dem Fachminister an einem dafür geeigneten Ort verkauft. So traten Sebastian Kurz, Heinz-Christian Strache und Familienministerin Juliane Bogner-Strauß am Freitag in einem Kindergarten in Fischamend vor die Medien. Dort wurde die Einigung bei der Kinderbetreuung zwischen Bund und Ländern verkündet.

Weniger ins Regierungskonzept hat wohl das Verhandlungsergebnis gepasst. Darüber konnten sich vor allem die Länder, die durch Niederösterreichs Johanna Mikl-Leitner vertreten waren, freuen. Denn der Bund ist von seinen ursprünglichen Vorstellungen abgerückt und hat nicht nur finanzielle, sondern auch große inhaltliche Zugeständnisse gemacht. Das verrät das Kleingedruckte.

1 Wie viel Geld wird künftig für den Ausbau der Kinderbetreuung zur Verfügung stehen?

Genau so viel wie bisher – und das ist überraschend. Denn eigentlich wollte Familienministerin Bogner-Strauß (ÖVP) nur 110 Millionen Euro pro Jahr lockermachen. In den nächsten vier Jahren werden den Ländern nun allerdings doch die bisher üblichen 142,5 Millionen Euro pro Jahr überwiesen. Dafür müssen auch die Länder tiefer in die Tasche greifen. Sie zahlen künftig 38 Millionen Euro jährlich. Das sind zehn Millionen mehr als bisher.

2 Welche Auflagen müssen die Länder erfüllen, um zu dem Geld zu kommen?

Der Bund will sich mehr Einfluss im Kindergartenbereich, der Sache der Länder und Gemeinden ist, sichern und hat deshalb die Regeln, unter denen das Geld abgeholt werden kann, verschärft – allerdings in viel geringerem Ausmaß als angekündigt. So soll die Betreuungsquote bei den unter Dreijährigen statt um zwei Prozentpunkte nur um einen Prozentpunkt pro Jahr wachsen. Und bei der Flexibilisierung der Öffnungszeiten will man sich nun doch wieder an den Bedarfserhebungen der Gemeinden orientieren. Hier ist man von einer fixen Quote an Kinderbetreuungseinrichtungen, die mit einem Vollzeitjob vereinbar sein müssen, abgerückt. Ein klarer Punkt für Länder und Gemeinden.

3 Kommt das Kopftuchverbot tatsächlich und wird es Sanktionen bei Verstößen geben?

Auch beim Kopftuchverbot im Kindergarten ist der Bund etwas eingeknickt. Es steht zwar noch im Papier. Den Ländern wird aber größerer Spielraum gewährt. Im Entwurf war davon die Rede, dass „verwaltungsstrafrechtliche Rechtsvorschriften“ erlassen werden müssen, um Verstöße gegen das Kopftuchverbot sanktionieren zu können. Nun sind die Länder nur noch dazu verpflichtet, nicht näher definierte Maßnahmen zu setzen. Es müsse sich beim Kopftuchverbot, wie Verfassungsjurist Heinz Mayer der „Presse“ erklärt, demnach gar nicht zwingend um eine gesetzliche Regelung handeln.

4 Müssen die Länder dem Bund das Geld refundieren, wenn sie die Vorgaben nicht erfüllen?

Nein. Erfüllen die Länder die Vorgaben des Bundes nicht, hat das offenbar keine Konsequenzen. Die entsprechende Passage des Vertragsentwurfs wurde in den Verhandlungen offenbar ersatzlos gestrichen. Vielleicht wird das auch die SPÖ-geführten Länder besänftigen. Sie haben dem Ganzen nämlich noch nicht zugestimmt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2018)

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