Warum Facebook studiVZ ablöste

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studiVZ (c) Daniel Breuss (Presse)
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Es waren im Wesentlichen drei Innovationen, die studiVZ versäumte und so den Kampf gegen seinen Konkurrenten verlor. Vor einem solchen Schicksal könnte auch ein Unternehmen wie Facebook nicht gefeit sein.

Es ist keine zehn Jahre her. 2010 hatte das soziale Netzwerk studiVZ knapp elf Millionen Nutzer, die sich mindestens einmal im Monat einloggten, um beispielsweise Freunde zu „gruscheln“. Facebook hatte zu dieser Zeit zwischen fünf und sechs Millionen Nutzer.

In den ein, zwei Jahren danach steigerte studiVZ die Zahl der User noch auf bis zu 17 Millionen. Mit meinVZ war der ländliche Raum abgedeckt und selbst für Schüler gab es mit schülerVZ ein Angebot. Gleichzeitig stieg auch die Zahl der Facebook-Nutzer, während sich hier zunächst vor allem internationale Studierende vernetzten. Bei studiVZ hingegen stand die Regionalität im Vordergrund.

Bis plötzlich Facebook praktisch explodierte und studiVZ in der Versenkung verschwand. Hautnah miterlebt hat diesen Untergang Semjon Rens als damaliger Mitarbeiter des Unternehmens. Mittlerweile ist er Public Policy Manager bei Facebook Deutschland. Am Freitag nahm er an einer Breakout Session mit dem Titel „Gesellschaftliche Konsequenzen digitaler Monokulturen“ teil und blickte auf die letzten Jahre von studiVZ zurück.

Seiner Meinung nach waren es vor allem drei Entwicklungsstufen, mit denen Facebook seinen Konkurrenten überflügelte. Erstens: Das gebündelte Anzeigen der wichtigsten Informationen auf einer Seite – also auf dem eigenen Profil. Bei studiVZ musste man zum jeweiligen Profil eines Nutzers wechseln, um mit dieser Person zu kommunizieren oder Neuigkeiten über sie zu sehen. Zweitens: Die Entwicklung einer App. Und drittens: Eine eigene, übersichtlichere Smartphone-Version.

„Immer wieder erneuern“

All diese Innovationen führte Facebook vor studiVZ ein und wurde nach und nach zum heutigen Internet-Giganten mit rund zwei Milliarden Nutzern. Die Moral von der Geschichte: Größe allein ist keine Garantie für nachhaltigen Erfolg. Wie man auch am Beispiel von einstigen Riesen wie MySpace, Yahoo und Nokia gesehen hat. „Innovation ist alles“, sagt Rens und verweist etwa auf Snapchat. Die Social-Media-Plattform habe ihren Erfolg ausschließlich einer neuen Funktion zu verdanken, keinem vorhandenen Kundenstamm.

Um längerfristig zu bestehen, müssten sich Unternehmen also „immer wieder erneuern“, sagt Rens. Deswegen investiere Facebook auch 20 Prozent seines Gewinns in innovative Projekte – auch, wenn nicht alle erfolgreich seien, wie man am Drohnenprogramm „Aquila“ gesehen habe, das vor drei Wochen „endgültig eingestampft“ wurde. Mit der Drohne wollte Facebook entlegene Gebiete mit Internet versorgen – um weitere potenzielle User zu erreichen.

Missbrauch von Daten

Dass riesige Datenmengen auch Raum für Missbrauch bieten, habe Facebook zuletzt „schmerzlich erfahren“ müssen, sagt Rens. Weswegen man Maßnahmen ergriffen habe, wie etwa Fake-Accounts zu sperren. Was sich aber als sehr schwierig herausstelle. Denn auch die entsprechenden Akteure würden besser werden. Die große Herausforderung bestehe darin, solche Accounts als Fake zu identifizieren. Die Inhalte allein zu bewerten, sei problematisch, da man Gefahr laufe, Zensur zu betreiben.

Es möge seltsam klingen, wenn dieser Ruf von Facebook komme, aber: „Wir brauchen Regulierung“, meint Rens. Das sei erforderlich, um Datenmissbrauch effizient zu bekämpfen. Dabei stoße man aber auf zahlreiche Hürden. In Österreich etwa habe Facebook nicht einmal einen Ansprechpartner dafür. Eine Behörde wie das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gebe es hier nicht. Eine Behörde also, die sich hauptsächlich mit Fragen der Cybersecurity beschäftigt.

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