Europaskeptische Partner gesucht

Italian Interior Minister Matteo Salvini meets with Hungarian Prime Minister Viktor Orban in Milan
Italian Interior Minister Matteo Salvini meets with Hungarian Prime Minister Viktor Orban in MilanREUTERS
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Innenminister Matteo Salvini konferiert mit Viktor Orbán, Regierungschef Giuseppe Conte hat seinen tschechischen Kollegen Andrej Babiš zu Gast. Man stehe vor einer "historischen Wende", meinte Salvini.

Mailand/Budapest. Für Matteo Salvini, Italiens Vizepremier und Innenminister, war das Treffen mit Viktor Orbán am Dienstag in Mailand ein Balanceakt. Während sich der italienische Rechtspopulist und der ungarische Premierminister nahestehen, was die Europaskepsis anbelangt, sind ihre Positionen in der Flüchtlingsfrage weit voneinander entfernt. Was Rom fordert – nämlich die Verteilung der Neuankömmlinge auf die restlichen EU-Mitglieder –, lehnt Budapest ab.

Für Salvini standen die Gemeinsamkeiten im Vorfeld des Treffens in Mailand klar im Vordergrund. Ungarn sei für ihn ein Modell, ließ Salvini per Facebook-Mitteilung wissen: „In Ungarn liegt die Arbeitslosigkeit unter fünf Prozent. Die Flat Tax für Unternehmen beträgt neun Prozent, für Personen 15 Prozent. Die Einwanderung ist unter Kontrolle, und die Wirtschaft wächst um vier Prozent.“ Da die Pläne der populistischen Links-rechts-Regierung in Rom nicht auf eine massive Reform der wirtschaftlichen Strukturen hindeuten, dürfte es bei bloßen Beifallsbekundungen in Richtung Budapest bleiben. Und da Italiens Staatsverschuldung mit rund 130 Prozent der Wirtschaftsleistung die EU-weit zweithöchste hinter Griechenland ist, würden Steuersenkungen ein tiefes Loch in den Staatshaushalt reißen.

Orbán hatte überschwängliche Worte für Salvini im Gepäck. „Vom Erfolg Salvinis hängt die Sicherheit Europas ab“, sagte Orbán bei einer Pressekonferenz nach seinem informellen Treffen mit Salvini am Dienstag - und kam aus dem Loben gar nicht mehr heraus. „Salvini beweist, dass die Migration über das Mittelmeer gestoppt werden kann. Bisher hatte dies kein Land getan“, sagte der ungarische Regierungschef. Und: „Salvinis Mut sorgt für uns Respekt. Wir rufen ihn auf, nicht nachzugeben und die europäischen Grenzen weiter zu verteidigen. Wir sind bereit, ihm all unsere Unterstützung zuzusichern.“

Salvini erklärte, Italien wolle mit Ungarn für eine Reform der Europapolitik zusammenarbeiten. Dabei sollen Recht auf Arbeit, Sicherheit und Gesundheit wieder in den Vordergrund stehen. „Wir stehen vor einer historischen Wende auf europäischer Ebene“, sagte Salvini.

„Salvini ist mein Held“

Durchaus euphorisch hatte sich Orbán schon vorher über seinen Gastgeber geäußert: „Salvini ist mein Held“, sagte er zur Ankunft in Mailand. Im Mittelpunkt des Treffens standen die Migration, Schutz der EU-Außengrenzen und Hilfen für Afrika. Das erklärte Ziel von Rom und Budapest ist es, die Grenzen der Union im Mittelmeer und der Ägäis dicht zu machen. Ungarns Regierungssprecher Zoltán Kovács wies im Vorfeld des Treffens darauf hin, dass 90 Prozent der Migranten in Italien das Land auf illegalem Weg erreicht hätten.

Für Salvinis Regierungspartner, die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung, kommt das Treffen alles andere als gelegen. Orbáns Politik laufe Italiens Interessen zuwider, sagte Vizeregierungschef Luigi Di Maio, der von den EU-Partnern die Aufnahme von Flüchtlingen fordert – bis dato weitgehend vergeblich.

Während das Treffen Salvini/Orbán nicht als Teil der Regierungsarbeit deklariert wurde, handelte es sich bei der gestrigen Visite des tschechischen Regierungschefs, Andrej Babiš, bei seinem Kollegen Giuseppe Conte in Rom um eine offizielle Visite. Auch dabei stand die Migration im Vordergrund. „Migranten aufzunehmen ist nicht die langfristige Lösung“, sagte Babiš. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2018)

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