Formel 1: „Langweilig? Dann schaltet doch einfach um“

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Michael Schumacher findet die Rennen noch immer rasend spannend. Jenson Button hingegen schimpft nach dem ersten Rennen - Überholmanöver, sagte der Brite, seien unmöglich.

MELBOURNE (mhk). Was Dynamik und Spannung betraf, wies das Auftaktrennen der aktuellen Formel-1-Saison in Bahrain Dimensionen eines Trauerzuges auf. Keine Überholmanöver, keine Ausrutscher. Eine Tristesse, die auch am Sonntag beim Grand Prix von Australien in Melbourne (8 Uhr/ORF1, RTL, Sky) droht.

Das Bild vom Trauermarsch allerdings gefällt Michael Schumacher gar nicht. Der siebenfache Weltmeister, der bei seinem Comeback nach dreijähriger Absenz im Mercedes Sechster wurde, wartete mit einem anderen Vergleich auf: Am Start habe es einige Rangeleien gegeben und danach seien die Piloten der „Spitzengruppe wie ein schneller Expresszug hintereinander hergefahren“.

Die gefühlte Langeweile auf Schiene gebracht hat das neue Reglement. Monatelang war darüber gebrütet worden, den öden Prozessionen der Boliden ein Ende zu bereiten: Die Vorderreifen wurden kleiner dimensioniert. Die Aerodynamik so verändert, dass ein Angriff im Windschatten zumindest theoretisch möglich ist. Die Tankstopps wurden wieder verboten. Gegen den Einsatz des Energierückgewinnungssystems Kers, das für einige Sekunden Extraleistung bietet, hatten sich übrigens die Teams ausgesprochen.

Überholen ist nicht alles

Genützt haben die Novellen anscheinend nichts. Weltmeister Jenson Button schimpft nach dem ersten Rennen über die Änderungen. Überholmanöver, sagte der Brite, seien unmöglich.

Das Gerede von der Eintönigkeit gefällt Michael Schumacher gar nicht. Er wartet mit Gegenfragen auf: „Wenn es im Fußball 0:0 steht, ist das dann langweilig? Wenn es im Basketball 100:100 steht, ist das dann spannend?“ Die Formel 1, dozierte Schumacher, biete eben weniger Überholmanöver als ein Motorradrennen. Das sei schon immer so gewesen. „Aber sagen Sie mir, wann wurde in der Formel1 jemals mehr überholt?“, fragte Schumacher die Journalisten. „Für die Fans sind die Rennen noch immer aufregend.“

Abkürzungen erlauben

Fernando Alonso, Weltmeister 2005 und 2006, schloss sich Schumachers Ansicht an. Er war schließlich Nutznießer des unfreiwilligen „Nichtangriffspakts“: Erst durch Vettels technische Probleme mit der defekten Zündkerze wurde er in Bahrain an die Spitze und letztlich zum Sieg gespült. „Wir müssen ruhig bleiben“, sagte der sonst so heißblütige Spanier, „müssen noch einige Rennen lang beobachten, wie sich die Regeln auswirken.“ Er ortet das hohe technische Niveau und die präzise Arbeit in allen Teams als Ursache für mangelnde Dynamik. Bloß dem Red-Bull-Team räumt er technische Überlegenheit ein.

Sollten Regeländerungen beschlossen werden, so könnten diese frühestens beim übernächsten Grand Prix in China am 18. April schlagend werden. Vielleicht hält bis dahin der Vorschlag von Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone Einzug, jedem Fahrer fünfmal eine Abkürzung zu erlauben.

Die Idee überhasteter Regeländerung gefällt Michael Schumacher gar nicht. Er stimmt vielmehr mit Alonso in einen durchaus ernst gemeinten Appell ein: „Wenn irgendjemandem die Formel 1 zu langweilig ist, dann schaltet doch bitte einfach um.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2010)

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