Die Folgen von Trumps Mexiko-Deal

Trump ist mit sich zufrieden: Das Nafta-Freihandelsabkommen muss bilateralen Deals weichen.
Trump ist mit sich zufrieden: Das Nafta-Freihandelsabkommen muss bilateralen Deals weichen.(c) REUTERS (Kevin Lamarque)
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Der US-Präsident gibt sich als „Dealmaker“. Damit versucht er, den Druck auf Kanada, die EU und China zu erhöhen. Kommt vielleicht alles gar nicht so schlimm im globalen Handelskrieg?

New York. Man kann es durchaus als bahnbrechend bezeichnen, was Donald Trump und Enrique Peña Nieto da am späten Montagabend präsentierten: einen umfassenden Handelsdeal zwischen zwei Schwergewichten der Weltwirtschaft, deren Präsidenten sich im Vorjahr wegen des Streits um die Grenzmauer am liebsten an die Gurgel gegangen wären. Alles vergessen, als der US-Präsident sein mexikanisches Gegenstück nun anrief, um der Welt ein neues Freihandelsabkommen zu präsentieren. Eine „liebevolle Umarmung” schickte Peña Nieto per Telefon nach Washington, während die versammelte Journalistenschar lauschen durfte. „Eine Umarmung wäre sehr nett“, entgegnete Trump. Beide Länder würden „immens“ von dem Deal profitieren, der das von Trump verschmähte Nafta-Abkommen ersetzen soll.

Natürlich: Noch ist die Sache nicht durch. Der US-Kongress hat 90 Tage Zeit, um zuzustimmen, ehe die Präsidenten noch im November ihre Unterschrift unter das Papier setzen wollen. Am 1. Dezember tritt Mexikos neuer Präsident, Andrés Manuel López Obrador, sein Amt an. Grund zur Panik besteht nicht: Auch López Obrador war in die Verhandlungen eingebunden, im Falle einer Verzögerung würde wohl auch er seine Signatur nicht verweigern.

Schlüsselrolle für Kanada

Das Abkommen wäre für sich allein schon bemerkenswert. Mexiko ist nach der EU, China und Kanada der viertgrößte Handelspartner der USA und die größte Volkswirtschaft Zentralamerikas. Was aber deutlich schwerer wiegt: Trump sendet ein klares Zeichen an die EU und China. Er positioniert sich als „Dealmaker“, der auch mit dem Rest der Welt Handelsabkommen will, sie aber nicht um jeden Preis braucht.

Eine entscheidende Rolle im globalen Handelspoker spielt nun Kanada. Das Weiße Haus will mit Premier Justin Trudeau in Kontakt treten und möglicherweise noch diese Woche eine Einigung erzielen. Gelingt es Trump, mit beiden Nachbarn ein aus seiner Sicht besseres nordamerikanisches Freihandelsabkommen über die Bühne zu bringen, würde das den Druck auf Europa und Peking erhöhen. Das US-Handelsvolumen mit Kanada und Mexiko ist in Summe größer als jenes mit der EU oder China.

In dem Disput zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften haben Washington und Peking zuletzt gegenseitige Zölle auf Produkte im Wert von jeweils 50 Mrd. Dollar eingeführt. Trump hat damit gedroht, sämtliche Einfuhren aus China in Höhe von rund 500 Mrd. Dollar jährlich mit Zöllen zu belegen. Vor allem der erzwungene Technologietransfer Pekings für US-Firmen, die in den chinesischen Markt einsteigen wollen, ist dem US-Präsidenten ein Dorn im Auge. Er wird den Deal mit Mexiko als Vorlage präsentieren und so Peking unter Zugzwang setzen. So sieht das nordamerikanische Abkommen den Schutz aller Eigentumsrechte bei grenzüberschreitenden Investitionen vor. Außerdem: Für knapp die Hälfte aller in Mexiko hergestellten Autoteile müssen die Arbeiter zumindest 16 Dollar pro Stunde verdienen. Diese Vereinbarung wiederum könnte Trump in abgeschwächter Form als Druckmittel für Chinas Textil- oder Elektroindustrie heranziehen.

Im Streit zwischen den USA und der EU haben sich die Wogen zuletzt zwar geglättet: Nach dem Besuch von Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Washington wurde ein vorübergehender Waffenstillstand beschlossen. Drohende Autozölle sind zumindest vorläufig vom Tisch. Doch brodelt der Konflikt unter der Oberfläche weiter. Trump soll sich eine schnellere Einigung wünschen und könnte notfalls weitere Zölle auf EU-Importe erlassen. Ein wichtiger Baustein des Abkommens zwischen den USA und Mexiko ist der zollfreie Austausch von Agrarprodukten.

Es geht um die Bauern

Auch wenn Juncker formlos zusagte, dass die EU künftig mehr Sojabohnen importieren werde, spießt es sich bei den Verhandlungen nach wie vor im Bereich der Landwirtschaft. Trump stört die Abschottung der EU-Bauern. Die US-Farmer sind eine seiner wichtigsten Wählergruppen bei den bevorstehenden Kongresswahlen. Entsprechend wird der US-Präsident weiterhin auf niedrigere Zölle bei Agrarprodukten drängen.

Nach der Annäherung zwischen den USA und Mexiko ist es noch ein weiter Weg zum Frieden im globalen Handelskrieg. Aber zumindest die Investoren scheinen nun wieder an Trump, den Dealmaker, zu glauben. Nach der virtuellen Umarmung zwischen ihm und Peña Nieto legten die Börsen weltweit zu. In den USA vermeldeten sie neue Rekordwerte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2018)

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