So wird richtig analysiert, ÖFB!

Joachim Löw punktete bei seiner WM-Analyse. Erinnerungen an Koller und 2016.

Ganze 63 Tage nach dem blamablen Vorrunden-Aus bei der Weltmeisterschaft in Russland hat Deutschlands Teamchef, Joachim Löw, in München seine Analyse präsentiert. Der 58-Jährige übte bei seinem mit Spannung erwarteten Auftritt ehrliche Selbstkritik („Da war ich fast arrogant“), zeigte Fehlentwicklungen auf und gestand fußballerische Versäumnisse. Von der heiklen Rassismusdebatte bis hin zur fehlenden Fan-Nähe der Mannschaft wurde alles diskutiert. Man kann von Löw halten, was man will, sein Vortrag und jener des DFB war aber vor allem eines: professionell.

Womöglich wirkte Löws Analyse auch nur deshalb so professionell, weil Österreichs Fußball schon ganz anderes erlebt hat. 37 Tage nach dem Scheitern des ÖFB-Teams bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich stellten sich Teamchef Marcel Koller, Sportdirektor Willi Ruttensteiner und Präsident Leo Windtner der Öffentlichkeit. Bloß, die angekündigte und so dringend notwendige Analyse der Geschehnisse fand nicht statt. Die Ursachenforschung unterschied sich 37 Tage nach dem Aus nicht wesentlich von jener unmittelbar nach dem 1:2 gegen Island in Paris. Anstatt schonungslose Selbstkritik zu üben oder sich Fehler einzugestehen, blieb bloß ein bitterer Nachgeschmack: Die zu hohe Erwartungshaltung von Fans und Medien war schuld. Dass es unter Koller letztlich nicht mit der Qualifikation für die WM 2018 geklappt hat, dürfte rückblickend niemanden mehr wundern.

Löws Analyse, die deutliche Veranschaulichung von Fehlern und – ganz besonders elementar – die notwendigen Veränderungen sind längst noch kein Garant für zukünftigen Erfolg, aber die notwendige Basis dafür. Mit Deutschlands Fußballnationalmannschaft, dieser Eindruck hat sich am Mittwoch verstärkt, ist schon in naher Zukunft wieder zu rechnen.

E-Mails an: christoph.gastinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2018)

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