Ausstellung: Wo 1848 die ersten Schüsse fielen

Museum Niederösterreich
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Eine "atmosphärische Installation" erinnert an einem Originalschauplatz ans Revolutionsjahr.

Belehrend soll die Ausstellung, die im heurigen Multigedenkjahr an die Revolution von 1848 erinnert, nicht sein, sagt ihr Gestalter Hans Hoffer. Was der Bühnenbildner und ehemalige Leiter des Reinhardt-Seminars im Sinn hatte, war eine „atmosphärische Installation“: Diese, inhaltlich erarbeitet vom Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung in Kooperation mit dem Staatsarchiv und dem St. Pöltner Haus der Geschichte, ist genau dort zu sehen, wo die Revolution in Wien ihren Anfang nahm: im Palais Niederösterreich in der Herrengasse, dem einstmaligen Landhaus für die niederösterreichischen Stände, in dessen Hof sich am 13. März 1848 Studenten, Bürger, auch Arbeiter einfanden, um bürgerliche Freiheiten zu verlangen. Nach wenigen Stunden fielen die ersten Schüsse.

Es war der Beginn einer Zeit der Barrikaden, Tumulte und Befreiungskämpfe, die hier in den historischen Räumen (wo sich noch niederösterreichische Abgeordnete treffen, die Öffentlichkeit aber sonst keinen Zutritt hat) veranschaulicht werden: Hoffer hat Pflastersteine aufgetürmt, Flugblätter und Wandanschläge – die nach der Aufhebung der Zensur rege gedruckt wurden – wie Mobiles in den Raum gehängt und ein biedermeierliches Klavier unter Holzlatten begraben. Basis der Ausstellung ist die über 5000 Objekte umfassende Sammlung von Herbert Steiner, Gründer des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands, zum Revolutionsjahr: Lithografien, Flugblätter und Karikaturen erzählen in einer mehrere Räume umspannenden Zeitleiste eine Chronologie der Ereignisse.

Ein gepolsterter Kämpfer

Hervor stechen die Karikaturen von Anton Zampis, einem fast vergessenen Künstler, der satirisch, aber liebevoll die an der Revolution beteiligten Typen zeichnete: Ein bewaffneter bürgerlicher Nationalgardist steht da etwa mit großen Augen und eingewickelt in eine Ganzkörperpolsterung samt Schleife – ein Sofakissen mit Bajonettgewehr. Bissiger noch ist Zampis' bekanntestes Blatt, in dem ein langnasiger Metternich mit seinem Binkerl in der Hand übers Land rennt – auf der Flucht nach London: „Jede Constitution erfordert Bewegung“.

Die Ausstellung, die in nur zwei Monaten mit einem Budget von 125.000 Euro gestaltet wurde, vermittelt mehr einen Eindruck vom Kampf für eine demokratische Verfassung als konkrete inhaltliche Zusammenhänge dazu. Dabei wird mit Texten gar nicht gespart: Es gibt etwa Beschreibungen der Protagonisten – so schräg gedruckt, dass man den Kopf quer legen muss, um sie zu lesen. Auch die kleinen Tischchen, auf denen Bilder der Niederschlagung des Wiener Oktoberaufstand zu sehen sind, stehen windschief im Raum – wie Spuren einer Revolte, die alte Ordnungen ausgehebelt hat.

„1848. Die vergessene Revolution“. Bis 31. 10., Herrengasse 13, 1010 Wien. Eintritt frei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2018)

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