SPÖ-Freunderlwirtschaft? Wiens Christkindlmarkt wird nun (endlich) transparent

Mit rund drei Millionen Besuchern jährlich ist der Christkindlmarkt vor dem Wiener Rathaus der größte Weihnachtsmarkt in der Stadt.
Mit rund drei Millionen Besuchern jährlich ist der Christkindlmarkt vor dem Wiener Rathaus der größte Weihnachtsmarkt in der Stadt.APA
  • Drucken

Seit Jahren stehen die Organisatoren des größten Wiener Weihnachtsmarktes - unter anderem wegen der intransparenten Vergabe der begehrten Stände - in der Kritik: Nun geht Vereinsobmann Keskin in die Offensive und will damit die Vorwürfe entkräften.

"Dubiose Vergabe“, „Intransparenz“ oder auch „SPÖ-Freunderlwirtschaft“: All das wird den Organisatoren des Wiener Christkindlmarkts vor dem Rathaus seit Jahren unterstellt. Glaubwürdig entkräftet wurden diese Vorwürfe seitens des Organisators – dem Verein zur Förderung des Marktgewerbes – bisher nie. Wer wieso welchen Stand zugesprochen bekam, wie viel Standgebühr verlangt wurde und wer in der Jury saß, die über die Vergabe entscheidet: All das wurde bisher geheim gehalten.

Nun aber hat sich Vereinsobmann Akan Keskin dazu entschlossen, in die Offensive zu gehen: Er möchte mit der Offenlegung von Vereinsstatuten und Vergabe die langjährigen Vorwürfe – die vor allem von Seiten der FPÖ und der Neos kamen – entkräften. Weil ein derart beliebter Weihnachtsmarkt wie der Christkindlmarkt – mit drei Millionen Besuchern und 152 Ständen immerhin Wiens größter – „nicht zum Spielball der Politik“ werden soll, wie Keskin zur „Presse“ sagt. Keskin kommt mit der Offenlegung aber auch einer im Oktober in Kraft tretenden Novelle der Marktordnung zuvor, laut der auch die Betreiber von (größeren) Anlassmärkten ihre Vergabe und Finanzierung offenlegen müssen.

Jury ohne Namen

Besonders kritisiert wurde die Vergabe der Stände am Christkindlmarkt: Da unter anderem Keskins Tochter und die Familie des SPÖ-Gemeinderats Fritz Strobl Gastro-Stände am Christkindlmarkt betreiben, vermuteten viele, dass die Vergabe weniger nach strengen Kriterien, sondern eher nach Freunderlwirtschaft erfolgt sei. Dies sei niemals der Fall gewesen, versichert Keskin. Die Familie des SPÖ-Politikers Strobl sei „seit Jahrzehnten“ eine Familie der Marktfahrer und habe sich wie alle anderen Standler auch um einen Platz bewerben müssen. Einen Fanartikel-Stand habe die Familie Strobl vor Jahren sogar aufgeben müssen, da er nicht zum Flair des Marktes gepasst habe.

Über die Vergabe entschieden hat bis zum Vorjahr eine Jury, deren Mitglieder, so Keskin, absichtlich nicht namentlich bekannt gegeben wurden, um Interventionsversuche zu verhindern. Namen will Keskin auch weiterhin nicht nennen, wohl aber, aus welchen Institutionen die Jury-Mitglieder kamen: Nämlich von der Stadt Wien, der Wiener Wirtschaftsagentur und dem Wien Tourismus.

Neue Vergabe nach Punkten

Ab diesem Jahr – und damit auch für den kommenden Christkindlmarkt, der heuer am 16. November aufsperrt – habe man ein neues – und auch auf der Vereinswebsite www.vzfm.at nachlesbares – Vergabesystem nach Punkten installiert. So gibt es etwa für in Wien einzigartige Produkte Punkte, ebenso für Traditionsgeschäfte, ein attraktives Erscheinungsbild oder fair gehandelte Waren: Zum Zug kamen jene 152 Bewerber mit der höchsten Punktezahl, wobei der Anteil der Gastrostände (der laut Marktordnung ein Drittel ausmachen dürfte) mit 20 Punsch- und Speiseständen bewusst gering gehalten werde. Detail am Rande: Auch Keskins Tochter und die Familie Strobl haben die Kriterien erfüllt und werden auf dem Markt vertreten sein.

Auf der Website finden sich ab sofort, auch das war bis dato nicht transparent, auch die Namen der Vorstandsmitglieder – neben Keskin sind das vier weitere Personen. Keskin gibt der „Presse“ auch Einblick in die Finanzen: Der Umsatz am Christkindlmarkt betrage jedes Jahr in etwa 1,5 Millionen Euro, insgesamt mache der Verein, der auch noch einige andere kleinere Märkte wie den k.und k. Weihnachtsmarkt am Michaelerplatz oder den Meidlinger Kirtag organisiert – rund zwei Millionen Euro Umsatz im Jahr.

Als Obmann beziehe er, Keskin, sowie die Schriftführerin des Vereins jeweils 30.000 Euro brutto an Aufwandsentschädigung im Jahr. Der Großteil des erwirtschafteten Geldes fließe in die Errichtung, Instandhaltung und Lagerung der Hütten (rund 600.000 Euro), die Kosten für Strom und Technik belaufen sich auf 500.000 Euro, jene für die Sicherheit (Securitypersonal etc.) auf 30.000 bis 40.000 Euro im Jahr. Neben einigen anderen Posten (Reinigung, MA48, Werbung etc.) sowie der Miete für den Rathausplatz (48.000 Euro) ergebe das jedes Jahr in etwa ein „Nullsummenspiel“. Gibt es Gewinne werden diese – so wie im Vorjahr – gespendet.

Mieten von 2000 bis 28.000 Euro

Auch die Mieten, die die Standbetreiber für den sechs Wochen dauernden Christkindlmarkt an den Verein zahlen müssen, seien weit weniger hoch als spekuliert, sagt Keskin. Während gerüchteweise auf anderen bekannten Weihnachtsmärkten Mieten bis zu 45.000 Euro verlangt würden, seien die Tarife auf dem Rathausplatz gestaffelt und lägen deutlich darunter. Am wenigsten zahlen Kunsthandwerker (etwa 2000 Euro für sechs Wochen), normale Händler etwas mehr (3500 Euro). Teurer wird es für die Gastronomen: Wer Speisen ausschenkt, zahlt je nach Größe des Stades zwischen 10.000 und 12.000 Euro, reine Punschstände müssen bis zu 28.000 Euro Miete aufbringen.

Christkindlmarkt

Der Wiener Christkindlmarkt wurde das erste Mal im Jahr 1975 auf dem Wiener Rathausplatz veranstaltet. Seit 2005 organisiert der Verein zur Förderung des Marktgewerbes Wiens größten Weihnachtsmarkt. Das Rahmenprogramm im Rathauspark - der sogenannte Wiener Weihnachtstraum - wird von Stadt Wien Marketing organisiert.

Der Christkindlmarkt findet heuer von 16.11. bis 26.12. statt.

www.vzfm.at

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.