Interdisziplinäre Auslage: Ein Wiener Dreiergespann dekoriert Hermès

Querdenker. Julia Eisenburger und Quirin Krumbholz gestalten Hermès-Schaufenster in Wien mit ­interdisziplinärem Ansatz.
Querdenker. Julia Eisenburger und Quirin Krumbholz gestalten Hermès-Schaufenster in Wien mit ­interdisziplinärem Ansatz.(c) Carolina Frank
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Aus dem Einheitsbrei herausstechen: Diesen klaren Auftrag verfolgte ein Wiener Kreativteam mit seinen Schaufensterdekorationen für das Maison Hermès.

Um ihre kosmopolitische Klientel nicht zu verwirren, praktizieren die meisten (Luxus-)Modemarken ein eingängiges Prinzip: An Tag X wird die Schaufensterdekoration Y mit der festgesetzten Produktfamilie Z in allen Boutiquen ausgerollt (wie das im Visual-Merchandising-Fachjargon heißt). Das hat den praktischen Nebeneffekt, dass, wer die schwarze Lacktasche in der Auslage einer Mall in Dubai gesehen hat, beim Bummel über die Avenue Mon­taigne in Paris oder die Mailänder Via Montenapoleone erneut auf den Gedanken kommen könnte, zuzuschlagen.

Einen etwas anderen Weg geht das für seine unkonventionellen Ansätze bekannte Maison Hermès. Schließlich misst die Firma nicht nur der Gestaltung der Vitrinen ihres Stammhauses an der Rue du Faubourg Saint-­Honoré in Paris große Bedeutung bei. Seit den 1930er-Jahren sind erst drei Namen mit diesen Schaufenstern verbunden: Zunächst war Annie Beaumel, ursprünglich Verkaufsassistentin in der Handschuhabteilung, als Zufallsentdeckung fast fünf Jahrzehnte lang für diese fantasievollen Arrangements verantwortlich. 1978 wurde sie von Leila Menchari abgelöst, der wiederum 2014 Antoine Platteau folgte. Regelmäßige Paris-Besucher mit einem Faible für schöne Dinge wissen: Am Hermès-Stammsitz vorbeizuschauen kommt garantiert einem Augenschmaus gleich.

fantasiemaschine. Ein Narrativ von unmöglichen Rube-Goldberg-Maschinen zog sich durch die vier Schaufenster am Graben.
fantasiemaschine. Ein Narrativ von unmöglichen Rube-Goldberg-Maschinen zog sich durch die vier Schaufenster am Graben. (c) Studio Mato

Neugier wecken. Da die Niederlassungen der Marke in anderen Ländern große Eigenständigkeit genießen, arbeitet auch das in Wien verantwortliche Familienunternehmen Jonak mit lokalen Talenten zusammen. Für das erste Schaufenster zum von Hermès vorgegebenen Jahresthema für 2018, „Komm, schau und spiele!“, beauftragte man ein interdisziplinäres Dreigespann. Kostümdesignerin Julia Eisenburger, Architekt Quirin Krumbholz und Filmemacher Virgil Widrich ersannen jene vierteilige Schaufensterdekoration, die über die Sommermonate zu sehen war.

„Die Arbeit in einem interdisziplinären Team ist von Vorteil, wenn etwas wirklich Neues entstehen soll“, betont Krumbholz. Aus Paris erhielt man vorab die Information, dass ein fortlaufendes Narrativ für die vier Auslagen erwünscht sei: „So sind wir auf die Rube-Goldberg-Maschinen gestoßen, die ebenfalls sehr spielerisch angelegt sind“, ergänzt Eiseenburger. Der New Yorker Cartoonist zeichnete ab den 1920er-Jahren so aufwendige wie nonsensische Konstrukte, die sprichwörtlich wurden und deren Prinzip Künstler wie Peter Fischli und David Weiss (in „Der Lauf der Dinge“, dem witzigen Kunstfilm aus dem Jahr 1987) aufgriffen.

Neugierige Besucher der Hermès-Boutique am Graben – alle Mitarbeiter sind informiert und können Fragen nach dem Display beantworten – werden in den vergangenen Monaten vielleicht verfolgt haben, wie sich vom ersten bis zum vierten Fenster ein angedeuteter Mechanismus aus Flaschenzügen, Pendeln und Seilwinden durchzog. Aktuell ist zwar ein anderes Arrangement im Fenster zu sehen, Eisenburger, Krumbholz und Widrich sind indessen auf den Hermès-Geschmack gekommen: An der Idee für die Weihnachtsauslage wird schon gearbeitet, bis Ende des Jahres darf ja noch gespielt werden.

Spiel und Spaß

Seit 1987, als man das 150-jährige Bestehen des Hauses gefeiert hat, wird von Hermès jedes Jahr unter das Zeichen eines bestimmten Mottos gestellt. Vor 31 Jahren war es die „Année feux d’artifice“, also das Jahr der Feuerwerke, derzeit hat man das Regnum alles Spielerischen eingeleitet: Die Devise „Let’s play!“ wird in mehrerlei Hinsicht beherzigt. Das betrifft die Schaufenster, natürlich aber auch Hermès-Erzeugnisse: ­Limitierte Editionen und fantasievolle Carrés greifen das Thema auf.

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