Sport im TV: Kulturgut oder Geschäftsmodell?

Wo sieht man die Champions League? Wer zeigt die Bundesliga? Die Revolution der TV-Übertragungen kennt nicht nur Gewinner.
Wo sieht man die Champions League? Wer zeigt die Bundesliga? Die Revolution der TV-Übertragungen kennt nicht nur Gewinner.(c) APA/AFP/dpa/GUIDO KIRCHNER (GUIDO KIRCHNER)
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In England oder Deutschland ist Pay-TV selbstverständlich, in Österreich aber weiterhin skeptisch verfolgtes Entertainment. Nicht nur Konsumenten, auch Ligen und Verbände zweifeln.

Wien. Die Erwägung der Bundesregierung, Spiele der Fußballbundesliga zurück ins Free-TV zu holen, schlägt Wellen. Ist das trotz bestehender Verträge möglich? Ist die Bundesliga gar unglücklich über 35 Millionen Euro, die sie pro Saison vom Pay-TV-Sender Sky erhält? Erhält die Fernseh-„Schutzliste“, also die Liste aller Ereignisse, die im Free-TV zu sehen sein sollen, unter Türkis-Blau mehr Gewicht?

Die Verordnung auf Basis des Fernsehexklusivrechtegesetzes gilt seit Oktober 2001. Es gehe um „wirklich wichtige Ereignisse“, erklärt ORF-Sportchef Hans Peter Trost der „Presse“. Es beginne beim Neujahrskonzert und ende im Sport bei Olympia, WM, ÖFB-Team und Cupfinale. Trost nennt es „Kulturgüter“, die mindestens 70 Prozent aller ORF-Teilnehmer ohne zusätzliche Gebühren erreichen müssen. Nur an einem Punkt gebe es kein Umhinkommen: „Es gibt bestehende Verträge, und in die wird sicher nicht eingegriffen.“

Bis zur Saison 2021/2022 sind Sky und Bundesliga vereint. Österreich-Geschäftsführerin Christine Scheil beteuerte sogar, dass die Klubs der Zwölferliga von dieser Zusammenarbeit profitieren würden. Höhere Lizenzerlöse helfen ihrer Meinung nach tatsächlich, die Lücken zu anderen Ländern schließen zu können . . .

Nicht jede Sportart läuft zu Bezahlsendern, weil Einbußen bei Reichweite und Sponsorgeldern erwartet, Abozahlen auch nie veröffentlicht werden. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel hält daher dem ORF die Stange. Er sagt: „Auch wir haben mit Pay-TV-Sendern verhandelt. Aber wenn du das Geld, das du bekommen kannst, mit Einschaltquoten vergleichst und parallel dazu auf die Einnahmen schaust, die du von Werbepartnern kriegst, ist für uns die Sachlage klar: Dann ist der ORF weiterhin der beste Partner.“

Die Diskussion dreht sich nicht nur allein um Österreichs Konsumenten, die anders als in den USA, England oder Deutschland weiterhin davor zurückschrecken, Extra-Abos (Sky: 19,99 Euro, DAZN: 9,90 Euro pro Monat) abzuschließen. Ist es denn nicht eine reine Kostenfrage? Kommen jetzt mehr Zuschauer ins Stadion, weil der Sport attraktiver geworden sein soll? Seitens der österreichischen Bundesliga liegen noch „keine seriösen Zahlen“ vor, erst nach der Herbstsaison wolle man die Daten auswerten.

Allerdings: Der Auftritt mit A1-TV beim 327. Wiener Derby irritierte. Nur 3000 Zuschauer (kein Tippfehler) wurden angeblich gezählt. Das erhärtet die Problematik einer Randsportart: Sitzen in der Halle nur 1000 Zuschauer, schauen dann nicht nur 1000 oder noch weniger im Pay-TV zu?

Schröcksnadel wollte sich in Fußballbelange nicht einmischen, wagte aber einen Vergleich: „Skifahren ist Volkssport in Österreich. Wenn man ihn im TV aussperrt, sinkt das Interesse.“ Ferner das der Medien, der Industrie etc. Schröcksnadel lehnt die Abhängigkeit von Pay-TV-Sendern also ab.

Live-TV sei „immer ein Geschäftsmodell“, sagt Trost. Es sei ein Kommen und Gehen: Ob neuerdings Regionalligakick mit GAK, Damenfußball in der Sonntagsmatinee oder Handball im Zusammenspiel mit Laola1 – jeder Sender sucht neue Wege. ServusTV etwa zeigt die Eishockeysaison sonntags überhaupt nur noch online.

Die Mühlen der Politik

Dass Sportarten um Verträge und Sponsoren bangen, ist unbestritten. Ebenso wie es keine Mär ist, dass früher vom öffentlich-rechtlichen Sender von Klubs und Ligen tatsächlich „Produktionskosten“ eingefordert worden sind für Übertragungen.

Aber so heiß die Debatte über Kulturgut oder Geschäftsmodell jetzt sein mag: Es wird noch sehr viel Zeit vergehen. Nicht nur müssen alle Beteiligten gegenüber der Regierung zu Wort kommen. Auch bedarf es dann eines Verordnungsentwurfs, einer Stellungnahmefrist von acht Wochen. Und: Die EU-Kommission müsste letztlich noch ihren Sanktus geben. Bis dahin ist diese Saison wohl auch schon wieder vorbei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2018)

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