Österreichs Staatsschulden sinken - diesmal ohne Trick

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Symbolbild. (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
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Die Staatsschulden sind 2017 erstmals seit 20 Jahren auch absolut gesunken, durch den Abbau der Lasten aus der Bankenrettung. Aber die Dynamik bei den Ausgaben ist ungebrochen.

Wien. Schlichte Jubelmeldungen könnte man leicht formulieren, aus den endgültigen Daten der Statistik Austria zu den öffentlichen Finanzen des Vorjahrs. Etwa so: Die Staatsschulden sind 2017 erstmals seit 20 Jahren auch in absoluten Zahlen gesunken! (von 296 auf 290 Mrd. Euro). Oder so: Das gesamtstaatliche Defizit hat sich halbiert! (von 1,6 auf 0,8 Prozent des BIPs). Und weil die Wirtschaft weiter rund läuft, Einnahmen sprudeln und die Zinsen extrem niedrig bleiben, sollte es mit der Schuldenquote (im Vorjahr 78,3 Prozent) auch heuer in die gewünschte Richtung gehen, nämlich deutlich bergab. Zumal Finanzminister Löger für 2019 ein Nulldefizit in Aussicht gestellt hat.

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Freilich könnte man fragen: Warum gab es nicht schon im Vorjahr ausgeglichene Staatsfinanzen, am Höhepunkt der Konjunktur? Und warum sind die Schulden 2017 überhaupt gesunken, wenn der Staat wie gewohnt mehr ausgegeben als eingenommen hat?

Mehr Lohnsteuereinnahmen trotz Steuerreform

Zur Erinnerung die Vorgeschichte: Um einen Notverkauf der Vermögenswerte gescheiterter Geldhäuser zu niedrigsten Preisen zu verhindern, hatte der Staat Abbaugesellschaften gegründet – die Band Banks der Hypo Alpe Adria, Kommunalkredit und Volksbank. So halste er sich einen Schuldenberg auf, der sich nun, durch einen gewinnbringenden Verkauf dieser Aktiva, langsam abbauen lässt – was auf den aktuellen Budgetsaldo keinen Einfluss mehr hat, aber den Gesamtschuldenstand verringert.

Trotzdem lässt sich auch das halbierte Defizit teilweise aus der Bankenrettung erklären. Die Hälfte des Rückgangs stammt von den Ländern, wo ein hoher Verlust in einen Überschuss drehte. Dazu schreibt die Statistik Austria: „Der Grund für die deutliche Veränderung ist vor allem ein Vermögenstransfer 2016 in Höhe von 1,2 Mrd. Euro vom Land Kärnten an den vom Bund kontrollierten Kärntner Ausgleichszahlungsfonds im Zuge der Heta-Abwicklung“.

Bleibt die andere Hälfte, das gesunkene Defizit beim Bund. Es ist, immerhin, um gut eine Milliarde zurückgegangen. Vor allem dank sprudelnder Steuereinnahmen: plus acht Prozent bei der Körperschaftsteuer, plus 3,7 Prozent bei der Mehrwertsteuer und auch wieder plus vier Prozent bei der Lohnsteuer – nur ein Jahr nach der großen Steuerreform.

Lassen wir nun die externen, also wenig beeinflussbaren Faktoren wie Banken, Konjunktur und Zinsniveau beiseite. Dann zeigt sich: Die Dynamik bei den großen Ausgabenblöcken ist fast ungebrochen. 76 Mrd. Euro (und damit 42 Prozent seiner Gesamtausgaben von 182 Mrd. Euro) gab der Staat 2017 für die soziale Sicherung aus. Davon wiederum entfielen bereits 61 Prozent auf die Pensionen.

Wie eine aktuelle Auswertung der Agenda Austria zeigt, sind die Sozialausgaben seit 2010 um 20 Prozent gestiegen, viel stärker als das allgemeine Preisniveau (mit plus 14 Prozent). Die Gesundheitsausgaben erhöhten sich sogar doppelt so schnell.

Vergleichsweise wenig machen übrigens – mit 3,9 Mrd. – die Sozialhilfen im engen Sinne aus, auch wenn sie durch die Flüchtlingskrise zugelegt haben. 2017 blieb der Betrag konstant: Was an Mindestsicherung dazukam, fiel bei der Grundversorgung weg.

Länder bauten Haftungen ab

Positiv zu vermelden ist: Die Kosten für die öffentliche Verwaltung waren im Vorjahr leicht rückläufig – und zwar ohne Zinszahlungen, was für einen echten Einsparungseffekt spricht. Und eine letzte Jubelmeldung soll nicht verschwiegen werden: Die Länder bauten ihre Haftungen (vor allem für die Landes-Hypos) massiv ab, von über 19 auf zehn Mrd. Euro. Aber das geschah nicht freiwillig, sondern auf Druck von Brüssel.

Apropos Brüssel: Als das letzte Mal im Jahre 1997 die Staatsschulden sanken, ging es nicht mit rechten Dingen zu. Um die Staatsfinanzen „eurotauglich“ zu machen und die Maastricht-Defizitgrenze von drei Prozent zu erreichen, lagerten die Gemeinden massiv Aufgaben aus – Wasser, Abwasser, Müllentsorgung und Wohnungswesen landeten in gesonderten Betrieben. Solche Formen von Budgetschönung und frisierten Bilanzen sind heute nicht mehr üblich. Immerhin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2018)

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