Trotz der Missbrauchsvorwürfe gegen Brett Kavanaugh erhält der erzkonservative Richter eine knappe Mehrheit von 50 zu 48 Stimmen. Das Votum wurde von heftigen Protesten begleitet.
Trotz Vorwürfen sexueller Übergriffe wird der umstrittene Jurist Brett Kavanaugh Richter am Obersten Gerichtshof der USA. Der Senat bestätigte den erzkonservativen Kandidaten von Präsident Donald Trump am Samstag mit einer knappen Mehrheit von 50 zu 48 Stimmen.
Die oppositionellen Demokraten stimmten bis auf den Senatoren Joe Manchin gegen den 53 Jahre alten Kavanaugh, dem mehrere Frauen sexuelle Belästigung vorwerfen. Die Republikanerin Lisa Murkowski enthielt sich. Die Abstimmung wurde mehrfach von Demonstranten unterbrochen, die auf der Zuschauertribüne lautstark protestierten.
Kavanaugh wird damit Richter auf Lebenszeit am Supreme Court. Das Gericht entscheidet über wichtige Fragen wie das Recht auf Abtreibung oder auf Waffenbesitz.
Großer innenpolitischer Sieg für Trump
Das Ergebnis ist ein großer innenpolitischer Sieg für Trump. Welches der beiden politischen Lager von Verlauf und Ausgang des Streits um Kavanaugh mehr profitieren könnte, ist aber umstritten. Viel hängt nach Einschätzung amerikanischer Kommentatoren davon ab, welche Wählerschaft stärker mobilisiert wird.
Der demokratische Fraktionschef Chuck Schumer appellierte am Samstag an die Gegner Kavanaughs, die Republikaner bei den Kongresswahlen am 6. November abzustrafen. Die Nominierung von Kavanaugh sei einer der "traurigsten Momente" in der Geschichte des Senats, sagte Schumer. Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell erklärte dagegen, Kavanaugh gehöre zu dem Besten, was Amerika zu bieten habe.
Übergriffe zu Studienzeiten
Kavanaugh war extrem unter Druck geraten, nachdem mehrere Frauen, darunter die Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, ihm sexuelle Übergriffe zu Studienzeiten vorgeworfen hatten. Er bestreitet das.
Die Personalie war Gegenstand einer erbitterten parteipolitischen Auseinandersetzung. Die Republikaner hielten trotz der Vorwürfe an ihrem Kandidaten fest und warfen den Demokraten vor, den Fall politisch zu instrumentalisieren, um Trump zu schaden.
Die Demokraten hatten große Vorbehalte gegen den erzkonservativen Richter und versuchten mit aller Macht, die Bestätigung hinauszuzögern. Sie hofften dabei auch darauf, dass sich nach den Kongresswahlen die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern könnten, wodurch sie den Kandidaten möglicherweise hätten verhindern können.
Zwischenrufe: "Schande über dich"
Im Kongress kam es am Samstag wie schon in den vergangenen Tagen zu Protesten gegen den Richter. Die Abstimmung wurde von protestierenden Frauen kurzzeitig unterbrochen, die von der Senatsgalerie Parolen wie "Schande über dich" skandierten. Vor dem Senatsgebäude demonstrierten zudem Hunderte Menschen gegen Kavanaugh. Dutzende Demonstranten, die auf die Treppe des Kapitols vorgedrungen waren, wurden festgenommen.
Trump beglückwünschte den Senat für die Bestätigung Kavanaughs. Er werde die Ernennung am Samstag unterzeichnen, teilte der Präsident über Twitter mit. "Ich applaudiere dem US-Senat und beglückwünsche ihn zu der Berufung unseres GROßARTIGEN KANDIDATEN, Richter Brett Kavanaugh, an den US Supreme Court", schrieb Trump auf Twitter.
Ernennung auf Lebenszeit
Das Nominierungsverfahren im Senat hatte sich länger als geplant hingezogen, nachdem Missbrauchsvorwürfe gegen Kavanaugh laut geworden waren. Trumps Republikaner verfügen im Senat nur über eine hauchdünne Mehrheit. Bis kurz vor der entscheidenden Abstimmung war der Ausgang des Votums offen. Seit 1881 war kein Kandidat für den Supreme Court mit einer so knappen Mehrheit bestätigt worden wie Kavanaugh.
Die Besetzung eines Postens am neunköpfigen Supreme Court ist in den USA ein großes Politikum. Die Richter dort werden auf Lebenszeit ernannt. Durch Kavanaughs Berufung verschiebt sich das politische Kräfteverhältnis weiter nach rechts. Einem liberalen Block aus vier Richtern steht nun ein konservativer Block aus fünf Richtern entgegen.
Diese Mehrheit stark konservativer Juristen könnte in absehbarer Zeit auch über die Frage entscheiden, ob etwa ein US-Präsident zur Aussage in einem Strafprozess gezwungen werden kann. Auch Entscheidungen zur Frage, wie Parteien den Zuschnitt von Wahlkreisen zu ihren Gunsten beeinflussen dürfen, könnten auf das Gericht zukommen.
Auf einen Blick
Die lebenslange Ernennung des erzkonservativen Brett Kavanaugh als Richter am Obersten Gerichtshof galt zunächst als sicher. Allerdings haben ihm drei Frauen sexuelle Übergriffe vorgeworfen, die Jahrzehnte zurückliegen sollen. Kavanaugh weist dies kategorisch zurück. Dann hatten er und das erste mutmaßliche Opfer, die Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, nacheinander im zuständigen Senats-Ausschuss ausgesagt.
Bei der Anhörung hatte Kavanaugh die Vorwürfe gegen ihn als politisch motiviert bezeichnet, der "Linken" eine Blockadehaltung gegen ihn vorgeworfen und von einem "Zirkus" gesprochen. Mehr als 650 Jus-Professoren unterschrieben daraufhin einen Brief an den Senat, in dem sie schrieben, Kavanaugh habe bei der Anhörung nicht die für den Supreme Court notwendige "Unparteilichkeit" und das angemessene "juristische Temperament" gezeigt.
US-Präsident Donald Trump stärkte Kavanaugh mehrfach den Rücken. Sein großartiges Leben dürfe nicht "durch gemeine und verachtenswerte Demokraten und völlig unbestätigte Behauptungen ruiniert werden", schrieb er auf Twitter. Kavanaugh sei unfair behandelt worden.
(APA)