Claudia Stöckl: „Ich wollte immer schreiben“

Lässt sich von ihren Gästen gern emotional berühren: Claudia Stöckl.
Lässt sich von ihren Gästen gern emotional berühren: Claudia Stöckl.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Radiojournalistin Claudia Stöckl hat mit „Interview mit dem Leben“ ein Buch darüber geschrieben, was sie von ihren Frühstücksgästen lernt.

Die Presse: „Interview mit dem Leben“ ist Ihr zweites Buch über Ihre Frühstücksgäste. Was war der Grund, wieder über diese Begegnungen zu schreiben?

Claudia Stöckl: Als Radiojournalistin habe ich oft das Gefühl, dass ich das, was gesendet wurde, festhalten möchte. Das kann ich mit diesem Buch. Ich weiß, dass viele Hörer Passagen mitschreiben, die ihnen wichtig sind.


Wie gelingt es Ihnen, dass die Gäste so viel von sich preisgeben?

Ein gutes Gespräch entsteht durch das Mitleben, durch das Verstehenwollen des anderen. Ich lasse mich von meinen Gästen berühren. Trauer ist ein Thema, das oft vorkommt. Fußballtrainer Didi Kühbauer hat vom Tod seiner ersten Frau erzählt. Ihm kommen noch nach Jahren die Tränen, wenn er darüber redet. Da weine ich dann auch mit, weil es mich so berührt.


Wie geht es Ihnen, wenn ein Gast nichts über sich erzählen will?

Als ich begonnen habe, habe ich das als persönliches Versagen angesehen, wenn sich jemand nicht öffnete. Jetzt gehe ich anders damit um. Es ist auch für meine Hörer interessant zu sehen, dass nicht immer alles glatt geht. Es kann sich auch jemand von seiner kühlen Seite zeigen oder klare Grenzen ziehen, worüber er oder sie reden will. Das muss ich akzeptieren.


Die Privatperson Claudia Stöckl ist bisher immer im Hintergrund geblieben. In dem Buch erzählen Sie erstmals auch von sich. Warum?

Die Frage, warum weiß man so wenig über Sie, wurde mir schon oft gestellt. Wenn ich in dem Buch die großen Lebensfragen wie Glück, Liebe, Scheitern oder Abschied stelle, dann kann ich nicht nur die Erfahrungen der anderen zusammenfassen. Ich muss auch sagen, was das für mich persönlich bedeutet. Es war auch für mich schön, die Stationen zu sehen, die für mich im Leben bisher wichtig waren. Ich habe mir die Frage gestellt, was hat die junge Frau, die vor 28 Jahren als Fotomodell gearbeitet hat, noch mit mir zu tun? Ich bin keine ganz andere. Die Neugierde, die Abenteuerlust, der Tatendrang sind nach wie vor da.


Was hat Sie damals zum Ausstieg bewogen?

Ich habe das Modelleben als Möglichkeit gesehen, die Welt zu entdecken. Nur über sein Aussehen definiert zu werden, war mir dann aber einfach nicht genug. Mein Selbstwert war nie so gering wie in der Zeit, als ich mit meinem Aussehen Geld verdient habe. Ich wollte aber ohnehin im Herzen immer schreiben und habe dann die Chance zum Umstieg genützt und bin Journalistin geworden.


Sie haben das Buch Ihren Eltern gewidmet. Was verdanken Sie ihnen?

Meiner Mutter verdanke ich die Gabe des Zuhörens, die Empathie. Sie hat mir immer erklärt, wie der andere fühlt. Von meinem Vater habe ich Disziplin und ein gesundes Leistungsdenken mitbekommen. Er hat uns vorgelebt, dass man die Dinge, die das Leben von einem verlangt, gut absolviert.


Sie sind seit vielen Jahren für den Verein „Zukunft für Kinder“, der Kinder in Indien betreut, tätig. Wie kam es zu diesem Engagement?

Das ist neben Ö3 der große zweite Teil meines Lebens. Ich war 2006 in Indien und habe mich von den bettelnden Kindern dort sehr berühren lassen. Ich wollte eine Patenschaft übernehmen, um zu helfen, und wurde auf den Verein aufmerksam. Karlheinz Böhm hat in einem Gespräch mit mir gesagt, dass seine Motivation für „Menschen für Menschen“ vor allem die Wut war, dass die Gnade des Geburtsorts über dein Leben bestimmt. Ich sehe das auch so. „Zukunft für Kinder“ macht mein Leben sehr reich. Es ist die andere Welt, die mich am Boden hält.


Welche Menschen stehen denn auf Ihrer Liste, die Sie noch nie interviewt haben?

Da gibt es viele. Dominic Thiem hat bisher immer abgesagt, René Benko würde ich auch gern einladen. Auch der Papst oder Donald Trump wären spannende Gäste, aber da sind wir als österreichischer Sender wohl zu klein. Auch mit Niki Lauda, der schon zwölf Mal in der Sendung war, würde ich, wenn er wieder fit ist, gern reden. Das wäre sicher ein besonderer Moment.

Zur Person

Journalistin und Autorin. Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl spricht seit 1997 in der Sendung „Frühstück bei mir“ jeden Sonntag mit interessanten Menschen über ihr Leben. Das bei Ecowin erschienene Buch „Interview mit dem Leben“ fasst die Essenz dieser Begegnungen zusammen.

Die Moderatorin ist derzeit auf Lesetour durch Österreich, Termine gibt es unter anderem am 6. November in Ried im Innkreis, 13. November in Graz, 14. November in Wien, 19. November in Lauterach und 26. November in Innsbruck.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2018)

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