Ein jahrhundertelang religiös verbrämter Antijudaismus habe zu lange jene Kräfte geschwächt, die nötig gewesen wären, um als Christen dem nationalsozialistischen Rassenwahn und Antisemitismus entschieden entgegenzutreten, meint der Kardinal.
Angesichts des 80. Jahrestags der Novemberpogrome hat Wiens Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn am Freitag betont, dass die christlichen Kirchen in Österreich unverbrüchlich an der Seite der jüdischen Gemeinde stehen. Nach der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz sprach er bezüglich des Gedenkens vom schmerzlichen Eingestehen eines mehrfachen Versagens.
Ein jahrhundertelang religiös verbrämter Antijudaismus habe zu lange jene Kräfte geschwächt, die nötig gewesen wären, um als Christen dem nationalsozialistischen Rassenwahn und Antisemitismus entschieden entgegenzutreten, sagte er in einer Pressekonferenz in Wien. Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sei es hier zu einem Wandel in Richtung Geschwisterlichkeit gekommen.
Einmal mehr plädierte Schönborn für Menschlichkeit in der Asyldebatte und für eine Stärkung des humanitären Bleiberechts samt Einbindung der Länder und Gemeinden. Viele ernsthafte Stimmen aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik plädierten dafür, und die römisch-katholischen Bischöfe unterstützten dies ausdrücklich.
Gleichzeitig kritisierte Schönborn den verschärften Ton und den rigorosen Gesetzesvollzug beim Thema Asyl. "Kern des christlich-jüdischen Ethos ist es, Witwen, Waisen und Fremden Hilfe zu gewähren", sagte er. Wer Asyl suche, dürfe nicht stigmatisiert oder kriminalisiert werden. Asyl sei ein heiliges Recht und dürfe nicht zum Schimpfwort werden.
(APA)