Pop

Kylie Minogue in Wien: Der Wilde Westen muss auch in die Disco

Kylie Minogues Show im Wiener Gasometer: optisch nett, leider mit zu vielen gesichtslosen Songs.

Am Ende glitzert die Discokugel, unter ihr sammelt sich alle Welt: Das war die Pointe des letzten großen Albums von Madonna („Confessions on a Dance Floor“, 2005), und das ist auch die Botschaft, auf die die aktuelle Show von Kylie Minogue zusteuert, die man ja, ohne es böse zu meinen, als kleine Madonna bezeichnen kann. Schon weil sie im Reich Pop nie Herrschaftsansprüche gestellt hat, gendersensibler gesagt: weil sie keine maternalistischen Gesten kennt, auch nicht die einer Schutzmantelmadonna. Wenn sie alle umarmt, ist das wirklich nur nett gemeint; und wenn sie die Wir-Form wählt, wirkt das echt. Sie tut das schon im Titelsong ihres neuen Albums, „Golden“, mit dem ihre Show auch beginnt: „We're golden“, heißt es darin, „burn like the stars.“ Eine Variation des alten Woodstock-Motivs von Joni Mitchell: „We are stardust, we are golden, and we've got to get ourselves back to the garden.“

Da tanzen die Cowboys!

Der Garten, das ist am Anfang der Show die weite Landschaft. Felsen, über denen die Sonne aufgeht, Kakteen, ein Highway, eine Tankstelle, eine Telefonzelle, ein Motorrad. Sind wir in Nordamerika oder in Minogues Heimat Australien? Ist doch egal, die besten Karl-May-Filme wurden in Jugoslawien gedreht, der Wilde Westen ist, wo man ihn fühlt. Und da sind schon die Cowboys mit ihren breiten Hüten, sie paradieren auf dem Steg, tanzen einen Westernreigen. Wie gesagt, Disco ist überall. Später wird man sie als Motorradgang sehen, als Installateurtruppe, zum Schluss natürlich als Discovortänzer, popgeschichtsbewusst im Studio 54.

Aber zunächst lockt der Saloon, auch Kylie darf sich setzen – sie sei ja schon über 40, sagt sie kokett – und ein Stamperl trinken. Ein Reparaturstamperl sozusagen, singt sie doch gerade über die Narben, die sie in ihren 50 Jahren gesammelt hat: „I'd need a lifetime to repair.“ Verwandlung. Vom grünen Kleid in den weißen Hosenanzug. Jetzt ist sie die wilde Rose, als die sie einst ihr Landsmann Nick Cave entdeckt hat. Aber nicht lang. Es ist noch so viel Gewand im Kasten: ein Lederensemble, ein Schottenröckchen, ein goldenes Paillettenkleid, . . .
Modemäßig eine abwechslungsreiche Revue also. Nett sowieso. Leider sind die meisten Songs Minogues so seicht, „Kids“ von Robbie Williams war noch das originellste Stück des Abends. Am festesten ins Ohr krallte sich das unverschämt banale „Loco-Motion“ aus dem Jahr 1988. Der weibliche Mainstream-Pop von heute ist wesentlich klüger und interessanter.

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