Karlsson und Luthers Geist

Über Lindgren-Sätze, die in Erinnerung bleiben.

„Ja, die Zeit vergeht, und man fängt an, alt zu werden. Im Herbst werde ich zehn Jahre alt, und dann hat man wohl seine besten Tage hinter sich.“ Unter allen Lindgren-Büchern bietet „Pippi Langstrumpf“ die herrlichsten Zitate für alle Lebenslagen. Vor allem, wenn es darum geht, dem Leben Lebenslust abzutrotzen und sinnlose Regeln zu brechen. Etwa: „Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut.“ Oder, zu Tommy und Annika: „Am besten, ihr geht jetzt nach Hause. Denn wenn ihr nicht nach Hause geht, könnt ihr ja nicht wiederkommen. Und das wäre schade.“ Oder, auf die Frage, warum Pippi gerade rückwärtsgegangen sei: „Leben wir etwa nicht in einem freien Land? Darf man nicht gehen, wie man möchte?“

Luther und der dicke Karlsson. Karlsson vom Dach ist Pippis Verwandter und zugleich ihr Gegenpol. Er ist ebenso ungeniert und anarchisch wie sie, aber im Gegensatz zu Pippi wahnsinnig selbstsüchtig.Alle Einwände, alle Verzagtheit und Vorsicht fegt er in der deutschen Übersetzung mit dem immer gleichen Satz beiseite: „Ach, das stört doch keinen großen Geist.“ Im Original steht hier die schwedische Entsprechung zu einem Luther-Satz (über die Ehe): „Das ist ein weltlich Ding.“ Karlsson, der unbekümmerte Umstürzler, kümmert sich nicht um Kleinigkeiten wie die Explosion einer mit Brennspiritus betriebenen Spielzeugdampfmaschine . . . Eine weitere Karlsson-Devise: „Spaß muss sein, sonst mach ich nicht mit.“

Erste Liebe. Spritzige Sprüche spicken nur Lindgrens frühe Bücher, in ihren späteren Werken sind die markantesten Sätze nachdenklicher Natur. „Ronja Räuberstochter“ schildert eine Seelenfreundschaft zwischen Kindern – wie eine erste Liebe: „,Meine Schwester‘, sagte Birk. Ronja hörte es nicht, las es aber von seinen Lippen. Und obwohl keiner von ihnen auch nur ein Wort verstehen konnte, sprachen sie miteinander. Über Dinge, die gesagt werden mussten, bevor es zu spät war.“ Ronja versprüht in dieser Zeit die Leichtigkeit einer verliebten Heranwachsenden: „Hier stehe ich und spüre, wie der Winter aus mir herausrinnt. Bald bin ich so leicht, dass ich fliegen kann.“ Und sie fragt sich: „War es nicht sonderbar, dass so wenig so glücklich machen konnte?“

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